ChinaPower: China’s Calculus in the Israel-Iran Conflict: A Conversation with Mona Yacoubian and Tuvia Gering

Nahostexperten analysieren Chinas vorsichtigen Balanceakt zwischen Iran und regionalen Partnern während der jüngsten Israel-Iran-Spannungen.

ChinaPower
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In dieser Ausgabe des ChinaPower Podcasts (Titel: "Navigating the Israel-Iran Conflict: China's Role and Strategic Calculations") analysieren die Nahostexpertin Mona Yacoubian (CSIS) und der China-Analyst Tuvia Gering die jüngsten Spannungen zwischen Israel und Iran sowie Chinas Rolle in diesem Konflikt. Das Gespräch mit Moderatorin Bonnie Lin wurde am 14. Juli 2025 aufgezeichnet. ### Der Konflikt sei durch Irans wahrgenommene Schwäche befeuert worden Nach Yacoubians Einschätzung hätten sich die direkten militärischen Konfrontationen zwischen Israel und Iran seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 kontinuierlich verschärft. Israel habe "ein Zeitfenster iranischer Verletzlichkeit" genutzt, das sich zu schließen drohte. Gering erklärt: "Es gab einen Paradigmenwechsel in Israel nach dem 7. Oktober. Das war das schlimmste Massaker an Juden seit dem Holocaust, verübt von einem seiner schwächsten Feinde." Zugleich habe Israel befürchtet, dass Iran seine Urananreicherung auf 60 Prozent vorantreibe und möglicherweise auf 90 Prozent erhöhen könne. ### China führe eine "Achse der Gleichgültigkeit" an Gering charakterisiert die oft beschworene Allianz zwischen China, Russland, Iran und Nordkorea pointiert als "axis of meh" - eine "Achse der Gleichgültigkeit". Die Unterstützung für Iran sei minimal gewesen: "Diplomatisch war das, was man von China über den Verlauf dieses 12-tägigen Krieges sah, sehr begrenzt und vergesslich." Yacoubian bestätigt: "Von all diesen verschiedenen Beziehungen ist die zwischen Iran und China diejenige, die am unausgewogensten ist. Die Chinesen haben bisher gewissermaßen die Oberhand in dieser Beziehung." ### Chinesische Debatten zeigten gespaltene Haltung zu Iran Gering berichtet von intensiven Diskussionen in China über Irans Wert als Partner. Ein Lager habe "eine spürbare Welle der Schadenfreude in chinesischen sozialen Medien" gezeigt, wobei Gelehrte Iran vorwarfen, "strategische Chancen verpasst" zu haben. Professor Ma Xiaolin von der Zhejiang International Studies University habe gesagt: "Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass Iran den israelischen Angriff auf sich selbst gebracht hat." Ein anderes Lager hingegen habe Irans möglichen Kollaps als Sicherheitsbedrohung für chinesische Interessen gesehen. ### Unbestätigte Berichte über chinesische Waffenlieferungen Gering warnt vor voreiligen Schlüssen bezüglich angeblicher chinesischer Waffenlieferungen: "Es gab viele Kommentare, die zu Schlussfolgerungen sprangen... Es wurde noch nicht verifiziert." Die Berichte über Luft-Boden-Raketenbatterien stammten von anonymen arabischen Offiziellen und bedürften offizieller Bestätigung. Dennoch räumt er ein: "Chinesische Waffen und Dual-Use-Güter sind wiederholt aufgetaucht... auch in der Ukraine, in Libyen, in Myanmar." ### Iran stehe vor strategischem Scheideweg Yacoubian sieht Iran vor einer fundamentalen Entscheidung: "Iran steht wirklich an dieser Art von Scheideweg." Einerseits könne das Land "dem Weg Nordkoreas folgen und heimlich eine Atomwaffe erlangen". Andererseits verstehe Iran möglicherweise "die Zeichen der Zeit" und könne eher bereit sein, "an den Verhandlungstisch mit den USA zu kommen, selbst mit dem, was es als unhaltbare Bedingungen wie null Anreicherung bezeichnet hatte." ### Neue regionale Sicherheitsarchitektur könnte Israel und Iran einschließen Gering berichtet von chinesischen Vorschlägen für eine "neue Sicherheitsarchitektur", die sowohl Israel als auch Iran einschließen könnte - "etwas, das in chinesischen Quellen vor diesem Krieg nicht explizit erwähnt wurde". Yacoubian sieht dies als potenzielle Entwicklung: "Diskussionen werden natürlich zu der Frage wenden, nun, das ist eine Region, die einzige in der Welt ohne eine multilaterale funktionierende und effektive regionale Sicherheitsarchitektur." ## Einordnung Dieser Podcast liefert eine differenzierte Analyse der komplexen geopolitischen Dynamiken im Nahen Osten, wobei die Expertise der Gäste - eine langjährige Nahostexpertin und ein China-Spezialist mit hebräischen Sprachkenntnissen - komplementär zusammenwirkt. Bemerkenswert ist die nüchterne Entmystifizierung der oft überschätzten chinesisch-iranischen Partnerschaft, die Gering treffend als "axis of meh" charakterisiert. Die Darstellung chinesischer Binnendiskurse durch Gering, gestützt auf Originalquellen und Weibo-Posts, bietet seltene Einblicke in die Meinungsvielfalt innerhalb der chinesischen Politikwissenschaft. Seine methodische Vorsicht bei unverifizierten Waffenlieferungsberichten kontrastiert wohltuend mit der oft spekulativen Berichterstattung zu diesem Thema. Yacoubians langjährige Erfahrung in der Region ermöglicht es ihr, sowohl die iranische Perspektive als auch die Komplexität der Golfstaaten-Positionen nuanciert darzustellen. Argumentativ überzeugt der Podcast durch seine multiperspektivische Herangehensweise: Während einseitige Narrative über eine "neue Achse" kritisch hinterfragt werden, entstehen gleichzeitig keine falschen Äquivalenzen. Die Analyse der strategischen Zwänge aller Akteure - von Chinas Balanceakt zwischen Iran und Golfstaaten bis zu Irans existenzieller Schwäche - vermeidet sowohl Alarmismus als auch Verharmlosung. Die Diskussion über mögliche Zukunftsszenarien, von Irans "Sprint zur Bombe" bis hin zu diplomatischen Lösungen, bleibt spekulativ, wird aber transparent als solche gekennzeichnet.