Die Episode *„Die sogenannte Gegenwart: Vibe Shift“* widmet sich dem gleichnamigen Begriff, der einen angeblichen kulturellen Wandel beschreibt – weg von progressiven, „woken“ Diskursen hin zu einer neuen Dominanz rechter Narrative. Ausgehend von einer Jeans-Werbung mit Sydney Sweeney, die zwischen „tollen Jeans“ und „tollen Genen“ changiert, diskutieren die ZEIT-Feuilleton-Redakteure Ijoma Mangold und Lars Weisbrod, ob dieser „Vibe Shift“ tatsächlich stattgefunden hat oder eher ein mediales Konstrukt ist. Im Mittelpunkt steht die Frage, wer kulturelle Deutungsmacht besitzt und wie stark diese überhaupt ist. Die Diskussion bleibt dabei nicht bei oberflächlichen Trendanalysen stehen, sondern hinterfragt, ob Begriffe wie „Vibe Shift“ oder „Wokeness“ nicht selbst Teil eines polarisierenden Diskurses sind, der gesellschaftliche Spannungen eher verstärkt als erklärt. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Debatte um kulturelle Hegemonie oft von einer linksliberalen Perspektive aus geführt wird, die rechte Positionen als „neuen Mainstream“ wahrnimmt – ohne zu klären, ob diese Wahrnehmung empirisch fundiert ist. ### Zentrale Punkte * **„Vibe Shift“ als kulturelles Narrativ** Die Episode analysiere den Begriff „Vibe Shift“ als Versuch, einen vermeintlichen Rechtsruck in Kultur und Gesellschaft zu beschreiben. Dabei werde gefragt, ob dieser Wandel real sei oder ob er vor allem durch mediale Erzählungen konstruiert werde. Der Begriff diene auch dazu, die eigene linksliberale Verunsicherung zu artikulieren. * **Wokeness und ihre Gegenbewegungen** Die Diskussion drehe sich um die These, dass „Wokeness“ lange Zeit kulturell hegemonial gewesen sei – von Universitäten bis zu DAX-Unternehmen. Nun werde behauptet, diese Dominanz sei gebrochen. Die Sprecher kritisierten jedoch, dass diese Erzählung oft pauschal und ohne Differenzierung zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen geführt werde. * **Kulturelle Macht und ihre Grenzen** Es werde debattiert, wie mächtig Kultur überhaupt sei. Während einige behaupteten, dass rechte Akteur:innen nun die Deutungshoheit besäßen, hinterfragten die Gesprächspartner, ob kulturelle Trends tatsächlich politische Machtverhältnisse spiegelten oder ob sie eher symbolische Kämpfe abbildeten, die wenig mit realer Veränderung zu tun hätten. * **Begriffe als politische Waffen** Der „Vibe Shift“ und ähnliche Schlagworte würden als Kampfbegriffe genutzt, um gesellschaftliche Stimmungen zu deuten. Dabei bleibe oft unklar, ob sie analytischen Wert besäßen oder ob sie vor allem dazu dienten, eigene Positionen zu stärken und Gegner:innen zu diskreditieren. Die Episode frage, wer von solchen Begriffen profitiert und wer sie kritisch einordnen müsse. ### Einordnung Die Episode besticht durch ihre selbstreflexive Herangehensweise: Statt den „Vibe Shift“ einfach zu affirmieren, hinterfragen Mangold und Weisbrod die Mechanismen, die solche Begriffe populär machen. Sie zeigen auf, wie kulturelle Debatten oft von einer linksliberalen Blase aus geführt werden, die rechte Positionen als bedrohlichen „Backlash“ wahrnimmt – ohne zu prüfen, ob diese Wahrnehmung verallgemeinerbar ist. Besonders gelungen ist die Verknüpfung von Popkultur (wie der Sydney-Sweeney-Werbung) mit politischen Diskursen, die verdeutlicht, wie sehr gesellschaftliche Stimmungen von Symbolen und Sprache geprägt werden. Allerdings bleibt die Diskussion stellenweise sehr abstrakt. Konkrete Beispiele für den angeblichen „Vibe Shift“ werden zwar angerissen, aber nicht systematisch analysiert. Auch fehlt eine Auseinandersetzung mit den Perspektiven jener, die sich von „woken“ Diskursen ausgeschlossen fühlen – ihre Stimmen kommen nur indirekt, als Gegenstand der Analyse, vor. Die Episode eignet sich vor allem für Hörer:innen, die sich für medien- und kulturtheoretische Reflexionen interessieren, weniger für solche, die nach handfesten politischen Analysen suchen. **Hörempfehlung**: *Für alle, die wissen wollen, wie kulturelle Begriffe Machtverhältnisse spiegeln – oder erst erschaffen. Eine kluge, unterhaltsame Debatte über die Frage: Wer bestimmt eigentlich, was gerade „angesagt“ ist?* ### Sprecher:innen * **Ijoma Mangold** – Literaturkritiker und ZEIT-Feuilleton-Redakteur * **Lars Weisbrod** – Kulturjournalist und ZEIT-Feuilleton-Redakteur