Schweizerzeit im Kontrafunk: Schweizerzeit: Das Auftreten von Karin Keller-Sutter kam in Mar al Lago nicht gut an

Ein kritisches Interview über US-Strafzölle, EU-Politik und Migration – mit starken Behauptungen und wenig Gegenrede.

Schweizerzeit im Kontrafunk
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In der aktuellen Folge von "Schweizer Zeit im Kontrafunk" spricht Corinna Zigerli mit Dr. Stephan Rietiker, Arzt, Unternehmer und Präsident der überparteilichen Bewegung Pro Schweiz, über die US-Strafzölle von 39 % auf Schweizer Produkte. Rietiker, der über langjährige Erfahrung in den USA verfügt und auch die US-Staatsbürgerschaft besitzt, erklärt, dass die hohen Zölle nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Gründe hätten. Er vermutet, dass sich das US-Regierungsumfeld durch die angeblich ungeschickte Verhandlungsführung der Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und durch die Beauftragung von Lobbyfirmen mit Nähe zu den Demokraten provoziert fühle. Auch die Schweizer Positionierung im Nahost-Konflikt werde von den USA als Parteinahme gegen Israel gewertet. ### 1. Trump habe sich durch Keller-Sutters Kommunikation provoziert gefühlt Rietiker berichtet, dass Trump durch die angeblich vorzeitige Veröffentlichung von Verhandlungsergebnissen durch die Bundespräsidentin verärgert worden sei: „Das tut man nicht und das ist nicht professionelle Verhandlungsführung. Und das höre ich aus US-amerikanischen Kreisen sehr direkt, das ist Trump aufgestoßen.“ ### 2. Die Schweizer Handelsbilanz sei durch Goldexporte verzerrt Ein zentrales Argument Rietikers betrifft die vermeintlich falsche Berechnung des Handelsdefizits. Er erklärt: „Wir haben Gold für UK eingeschmolzen, um Unzen bzw. die amerikanische Goldbarrengrösse herzustellen [...] und damit wäre der Bärenanteil unseres Problems bereits gelöst.“ ### 3. Die EU-Rahmenabkommen würden die Schweizer Souveränität gefährden Rietiker warnt eindringlich vor den Folgen eines neuen EU-Rahmenabkommens: „Wir wollen doch nicht unsere Souveränität, unsere direkte Demokratie auf Spiel setzen [...] nur um eine Handelspartnerschaft einzugehen, die wir nicht unbedingt brauchen.“ ### 4. Personenfreizügigkeit könnte zu "Überschwemmung" führen In Bezug auf die Personenfreizügigkeit äußert sich Rietiker besorgt: „Ich denke, wir würden überschwemmt werden [...] und dann kommt ein Migrant und ich meine, wir sehen ja, das Migrationsproblem ist in der EU überhaupt nicht gelöst.“ ### 5. Die EU stehe vor dem wirtschaftlichen Kollaps Rietiker prognostiziert: „Ich persönlich [...] denke, dass die EU an dieser Schuldenpolitik zerbrechen wird, langfristig.“ Er sieht Deutschland als „stockenden Motor“ und Frankreich als „bankrott“. ### 6. Verhandlungen mit den USA seien noch möglich Trotz der aktuellen Situation zeigt sich Rietiker optimistisch: „Das darf nicht bleiben und das muss geändert werden [...] ich bin optimistisch.“ ## Einordnung Die Sendung präsentiert sich als journalistisches Interview, bleibt aber weitgehend unkritisch gegenüber den teils starken Behauptungen des Gastes. Rietiker bedient sich durchgehend der Strategie, unbelegte Gerüchte als Fakt zu präsentieren („ich höre aus dem Umfeld des Aussenministers“) und verbreitet damit ein eindimensionales Bild von US-Entscheidungsträgern als emotional gesteuerte Akteure. Die Moderation hinterfragt weder die Plausibilität der Gold-These noch die pauschalen Warnungen vor einer „Überschwemmung“ durch Migration. Besonders problematisch: Rietiker nutzt die Plattform, um mit starken Worten gegen das EU-Rahmenabkommen zu agitieren, ohne dass alternative Perspektiven oder Expertise einfließen. Die Gleichsetzung von Migration mit „Überschwemmung“ und die pauschale Abwertung der EU als „bürokratischen Moloch“ entspringen einem klar rechtskonservativen Weltbild, das hier unreflektiert verbreitet wird. Die Sendung verfehlt damit ihre journalistische Aufgabe, verschiedene Perspektiven zu beleuchten, und wird stattdessen zur Einbahnstraße für euroskeptische und migrationskritische Positionen.