Carne Cruda Podcast: La rabia es un arma cargada de futuro (CON UN PIE EN LA CÁRCEL - CARNE CRUDA #1565)
Eine unterhaltsame, klare Anleitung zur Mobilisierung von Wut gegen rechte Umlenkung.
Carne Cruda Podcast
3530 min audioCarne Cruda ist ein spanisches Politik-Podcast von Javier Gallego „Crudo“ und Violeta Muñoz, das von seiner Hörerschaft finanziert wird. In der Folge „Con un pie en la cárcel (2ª parte): La rabia es nuestra“ diskutieren die Journalistin Helena Sardà und der Investigator Oriol Erausquin mit dem Autor Miquel Ramos und der Aktivistin Daniela Ortiz, wie kollektive Wut gegen rechte Umlenkung immun gemacht werden kann.
### Die extreme Rechte nutze Katastrophen wie die Dana-Überschwemmung, um Wut auf Migrant:innen zu lenken
Miquel Ramos erklärt, die extreme Rechte wende sich von strukturellen Ursachen ab und mache einzelne Politiker:innen oder Migrant:innen zur Sündenböcke. Die Strategie: Knappheit erfinden („die da oben nehmen euch weg“) und Angst vor dem Nachbarn schüren. Statt über Klimapolitik oder Profitinteressen zu sprechen, setze man auf Sicherheits- und Abschiebeparolen. Beleg: „hablando constantemente de temas de seguridad, culpando a los migrantes“.
### Linke Sprache werde systematisch von rechten Akteur:nnen enteignet
Das linke Motto „solo el pueblo salva al pueblo“ werde von der extremen Rechten als patriotische Parole umgedeutet, während die ursprüngliche Bedeutung – Selbstorganisation gegen staatliches Versagen – verschwinde. Auch Symbole wie die rotschwarze Fahne der CNT werde von Faschist:nnen übernommen. Beleg: „El solo el pueblo salva al pueblo es lo que decíamos cuando el Estado … abandonaba a la clase trabajadora“.
### Koloniale Geschichte werde in Europa gezielt ausgelöscht, um aktuelle Widerstände zu delegitimieren
Daniela Ortiz zeigt, dass in Spanien 14 Denkmäler für Christoph Kolumbus existieren, aber keines für Túpac Amaru oder Bartolina Sisa. Dieses Vergessen verhindere, sich mit gegenwärtigen Migrationskontrollen als Fortsetzung kolonialer Ausbeutung zu solidarisieren. Beleg: „hay 14 monumentos a Colón … ni una calle a Túpac Amaru“.
### Soziale Medien seien zu „Shopping-Centern“ mit Security, in denen linke Inhalte moderiert werden
Oriol Erausquin beschreibt Plattformen wie Twitter als kommerzielle Räume, in denen rechte Influencer:innen Hass monetarisieren, während linke Stimmen gesperrt oder algorithmisch unterdrückt werden. Beleg: „los contenidos de izquierda no son bienvenidos … la extrema derecha está en la piscina de bolas“.
### Die historische Macht kollektiver Wut werde systematisch deschediert – mit absurden Polizei-Sketches
Ein satirischer Polizist („Paco, vuestro poli infiltrado“) führt vor, wie Revolten entweder kriminalisiert (Haiti-Revolution) oder entradikalisiert (Rosa Parks als müde Näherin) werden. Die Episode macht diesen „Borrado histórico“ mit Radiomusik und Comedy greifbar. Beleg: „minimizas todo lo que no sean abracitos y flores y vendes una versión descafeinada“.
## Einordnung
Die Folge ist ein didaktisch geschicktes Beispiel dafür, wie politische Wut produktiv analysiert statt nur gefühlsmäßig beschworen wird. Die Moderation gelingt es, verschiedene Gästestimmen zu verzahnen, ohne in Ritualbeschwörungen („anti-fascista“) zu verharren. Besonders wirksam: die Kombination aus theoretischer Einbettung (Machtstrukturen, Kapitalismus) und konkreten Beispielen (Dana, Mieten, soziale Medien). Kritisch anzumerken ist, dass fast ausschließlich linde Expert:innen zu Wort kommen; konservative oder liberale Gegenpositionen fehlen. Die Sendung nutzt bewusst emotionsgeladene Stilmittel (Musik, Ironie, Sketch), wodurch sie sich klar als Aktivismus statt Journalismus verortet – was angesichts des publizistischen Anspruchs des Formats transparent bleibt. Wer eine unterhaltsame, aber nicht neutrale Anleitung zur Mobilisierung von Wut sucht, erhält hier eine gelungene Mischung aus Analyse und Manifest.