Die Filmanalyse: Ep. 233: Die Macht der Medien und Konzerne: NETWORK - Kritik & Analyse zu Sidney Lumets Klassiker
Ideologiekritische Filmanalyse zu "Network" und die Macht der Quote als Ersatz für demokratische Teilhabe.
Die Filmanalyse
25 min read1298 min audioWolfgang M. Schmitt jun. analysiert in dieser Folge von "Kino anders gedacht" Sidney Lumets Medien-Satire "Network" (1976). Er zeigt, wie der Film die Macht der Einschaltquote als Ersatz für demokratische Teilhabe kritisiert und dabei bereits postdemokratische Strukturen vorwegnimmt. Schmitt betont, dass "Network" die Verquickung von Medien, Konzerninteressen und neoliberaler Ideologie entlarvt – und dabei weit über eine simple Medienkritik hinausgeht. Der Film zeige, wie das Fernsehen nicht nur Inhalte unterhaltsam macht, sondern selbst Tod und Wut zum Spektakel werden lässt. Schmitt führt weiter aus, dass "Network" eine globale Wirtschaftsordnung sichtbar macht, in der Demokratie als Störfaktor gilt und Märkte als quasi göttliche Ordnung geframt werden. Die von ihm zitierte Genfer Schule des Neoliberalismus habe schon früh postdemokratische Institutionen wie die WTO mitgeprägt, um globale Märkte vor dem Zugriff demokratischer Mehrheiten zu schützen. Abschließend betont er, dass der Film auch die Grenzen der Populismus-Kritik zeige: Der zornige TV-Prophet Howard Beale bleibe selbst Teil des Systems, das er anprangert – echtes Außerhalb gibt es nicht.
### 1. Die Einschaltquote ersetzt demokratische Teilhabe
Schmitt argumentiert, dass "Network" die Quote als Marktlogik entlarvt, die sich als Demokratie tarnt. Er zitiert Pierre Bourdieu: „Man kann und muss im Namen der Demokratie gegen die Einschaltquote kämpfen.“ Die Quote unterwerfe das Publikum Marktzwängen und mache es zu einem passiven Objekt.
### 2. Postdemokratische Strukturen sind bereits Realität
Der Film zeige, dass Demokratie als Auslaufmodell betrachtet wird. Schmitt belegt das mit dem Zitat des Konzern-Chefs Jensen: „Es gibt keine Nationen oder Völker... Es gibt nur IBM, ITT, AT&T... Die Welt ist ein Geschäft.“ Diese Sichtweise habe reale Wurzeln in der neoliberalen Genfer Schule.
### 3. Medien machen selbst Tod und Wut zum Spektakel
Schmitt hebt hervor, dass "Network" zeige, wie selbst der Tod nicht mehr die Negation der Unterhaltungswelt sei, sondern integriert werde. Auch Kritik am System werde zum Spektakel: „Selbst diese TV-Kritik an der TV-Generation wird zum TV-Spektakel.“
### 4. Die globale Wirtschaft will Demokratie entmachtet
Der Historiker Quinn Slobodian zeige laut Schmitt, dass neoliberale Denker schon nach dem Ersten Weltkrieg Institutionen schufen, um globale Märkte vor dem Zugriff demokratischer Regierungen zu schützen. Schmitt zitiert Slobodian: „Democracy is a potential threat to the functioning of the market order.“
### 5. Populistische Wut bleibt Teil des Systems
Howard Beale, der zornige TV-Prophet, sei selbst nur ein weiteres Produkt des Systems. Schmitt kritisiert: „Das Problem mit dieser Stimme des einfachen Mannes von der Straße ist, dass die Wut zwar berechtigt ist, aber die Analysen... bleiben auf einem kläglichen Niveau.“
## Einordnung
Schmitt liefert eine ideologiekritische Analyse, die weit über Filmkritik hinausgeht. Er zeigt, wie "Network" eine postdemokratische Wirtschaftsordnung vorwegnimmt, in der Märkte als quasi göttliche Ordnung geframt werden. Dabei verortet er den Film präzise in der Geschichte des Neoliberalismus und zeigt, wie dessen Genfer Schule demokratische Mitbestimmung als Bedrohung für globale Märkte ansah. Die Stärke der Analyse liegt in der Verbindung von Medienkritik und politischer Ökonomie – ohne dabei in simple Verschwörungstheorien zu verfallen. Kritisch anzumerken ist, dass Schmitt die Rezeption des Films auf YouTube pauschalisiert und dabei differenzierte Auseinandersetzungen mit dem Film übersieht. Die Analyse bleibt aber fundiert und verzichtet auf polemische Überzeichnungen. Besonders bemerkenswert ist, wie Schmitt zeigt, dass der Film selbst die Grenzen von Populismus-Kritik erkennt – echtes Außerhalb gibt es nicht.