Im Podcast "عيب" (Schande) erzählt Haifa Douib von ihrer Erfahrung mit Hörbeeinträchtigungen: Ein Ohr vernimmt Dauerpfeifen, das andere ist gedämpft. Sie schildert, wie sie täglich verhandeln muss, um Gespräche zu verstehen, in Lärmumgebungen ausgeschlossen wird und bei Meetings den Anschluss verliert. Douib spricht von Angst vor lauten Geräuschen, von Isolation und davon, wie ihr Umfeld Anpassungsleistungen von ihr erwartet, statt Inklusion zu bieten. Die zentrale Frage: „Ist das normal?“ durchzieht die 14-minütige Episode. Die Produktion ist journalistisch konzipiert, mit klarer Redaktion und Sounddesign. ### 1. Hörbeeinträchtigung als ständige Verhandlung Douib erlebt Alltag als Dauerkompromiss: „Ich lebe in ständiger Verhandlung mit der Welt, um zu verstehen, was gesagt wird.“ Die Diskrepanz zwischen dem, was sie hört – Pfeifen, übertönte oder gedämpfte Geräusche – und dem, was andere wahrnehmen, zwingt sie, immer wieder nachzufragen. ### 2. Soziale Ausgrenzung beginnt bei Architektur und Arbeit Große Besprechungsräume ohne Akustikberücksichtigung machen Teilhabe unmöglich: „Ich bin gezwungen, andere zu fragen oder zu erraten, was gesagt wird.“ Sie erlebt das als berufliche Benachteiligung und fühlt sich ausgeschlossen von Entscheidungsprozessen. ### 3. Lärm als Auslöser von Angst und Erschöpfung Plötzliche Alarme oder laute Musik lassen sie zusammenzucken: „Manchmal sehe ich mich selbst vor Schreck aufspringen.“ Die Dauerbelastung führt zu Erschöpfung und zu dem Wunsch, soziale Kontakte zu reduzieren. ### 4. „Schande“ als gesellschaftliche Zuschreibung Tätigkeiten wie das Bitten um leisere Musik oder Nachfragen gelten als unangenehm: „Schande, jemanden bitten zu müssen, das zu wiederholen, was er gesagt hat.“ Douib zeigt, wie normative Erwartungen Menschen mit Beeinträchtigungen zusätzlich belasten. ### 5. Wut und Selbstzweifel durch fehlende Inklusion Sie erfährt ihr Leben als permanent gefährlich, weil sie Warnsignale nicht zuverlässig wahrnimmt: „Ich lebe in ständiger Gefahr.“ Die Isolation, die daraus resultiert, bezeichnet sie als „tiefe Einsamkeit“. ## Einordnung Die Episode durchbricht das Schweigen über Hörbeeinträchtigungen in der arabischsprachigen Öffentlichkeit und liefert eine persönliche Gegen-Erzählung zur medizinischen Betrachtung. Indem Douib ihre subjektive Wahrnehmung in poetisch wiederholten Sätzen präsentiert, entlarvt sie gesellschaftliche Normen als hinderlich. Besonders stark: Die Verquickung von Architektur-, Arbeits- und Freizeitdiskriminierung; sie zeigt, dass Ausgrenzung nicht nur über offene Ablehnung, sondern über strukturelle Details geschieht. Die wiederkehrende Frage „Ist das normal?“ ist kein Appell an Mitleid, sondern ein Frontalangriff auf die Normalitätsvorstellung selbst. Kritisch: Die Folge bleibt bei individueller Leidenserzählung, ohne Politik oder Barrieren-Gesetzgebung zu erwähnen; so bleibt die gesellschaftliche Pflicht zur Umgestaltung implizit. Dennoch gelingt ein bewegendes Plädoyer für Inklusion, das über identitätszentrierte Debatten hinausweist.