Breitband: Deutsche IT-Infrastruktur - Abhängig und unsicher in der Umsetzung
Die DLF-Sendung "Breitband" analysiert Microsofts Marktmacht, die EU-Cybersicherheitsrichtlinie und politische Bildung durch Videospiele.
Breitband
56 min read2380 min audioDie DLF-Kultursendung "Breitband" widmet sich in der Ausgabe vom 23. August 2025 drei digitalen Schwerpunkten: der Abhängigkeit europäischer Institutionen von Microsoft, der verspäteten Umsetzung der EU-Cybersicherheitsrichtlinie NIS 2 in Deutschland sowie der Rolle von Unterhaltungsspielen für politische Bildung. Vera Linß moderiert die Diskussion mit den Redakteuren Hagen Terschüren und Markus Richter sowie der Juristin Caroline Kemper vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung.
### Microsofts Preiserhöhung als Lehrstück digitaler Souveränität
Die jüngste Ankündigung von Microsoft, Lizenzpreise für Großkunden zu erhöhen, werde von Terschüren als Beleg dafür gewertet, "dass es so eine Mammutaufgabe ist, tausende, hunderttausende Leute umzuziehen auf andere Systeme" und Microsoft sich dessen "ziemlich sicher" sei. Die Abhängigkeit betreffe nicht nur Wirtschaftsunternehmen, sondern auch Gerichte und Regierungen, weshalb "Europa aus dieser Abhängigkeit wirklich befreien müsse".
### NIS 2: 20.000 zusätzliche Unternehmen unter Cybersicherheitszwang
Kemper erläutert, dass die neue EU-Richtlinie deutlich über 20.000 Unternehmen erfasse – gegenüber bisher rund 8.000 – und zwar nicht nur kritische Infrastrukturen, sondern auch kleinere Betriebe ab 50 Beschäftigten. Die Bundesregierung habe die Umsetzungsfrist Oktober 2024 verpasst und strebe nun 2026 an. Besonders kritisiert werde, dass die Bundesverwaltung selbst nur Mindeststandards erfülle, während Unternehmen höhere Anforderungen erwarteten.
### Games for Democracy: Unterhaltung als Einstieg in Demokratie-Debatten
Richter berichtet vom Gamescom-Stand der Bundeszentrale für politische Bildung, der Titel wie "Media Circus" und "Glashaus" präsentiere. Felix Zimmermann von der bpb betone, dass gerade die Tatsache, "dass das keine Serious Games sind", deren Stärke sei: "Diese Themen über Unterhaltungsmedien … an Menschen heranzutragen, die wir sonst mit Angeboten der politischen Bildung schwer erreichen können." Eine neue Bertelsmann-Studie zeige zudem, dass Gamer zwar höhere Werte bei Antisemitismus und Sexismus aufwiesen, gleichzeitig aber mehr Vertrauen in demokratische Institutionen hätten.
### Open-Source-Alternativen als Wirtschaftsförderung
Als Ausweg aus der Microsoft-Abhängigkeit skizziert Terschüren ein Modell, bei dem der Staat nicht einzelne Programme vorschreibe, sondern offene Standards wie ODT-Dateien fordere. Dies könne "einen ganzen Marktplatz an Programmen" schaffen und mittelständische Anbieter stärken. Das Beispiel des Linux-basierten Steam Deck zeige, wie durch offene Standards neue Ökosysteme entstehen könnten.
## Einordnung
Die Sendung präsentiert sich als sorgfältig recherchiertes, multiperspektivisches Format. Expertinnen und Expertisen werden ausreichend zu Wort kommen gelassen, wobei die Moderation gekonnt zwischen Fachinformation und allgemeinverständlicher Erklärung pendelt. Besonders bemerkenswert ist die konsequente Verknüpfung technischer Themen mit gesellschaftspolitischen Fragen – etwa wenn die Microsoft-Abhängigkeit als Souveränitätsproblem oder Cybersicherheit als Schutz demokratischer Institutionen diskutiert wird. Die Argumentation bleibt dabei stets sachlich, auch wenn die Kritik an Lobbyeinflüssen und politischem Versäumnissen deutlich wird. Einzig die Selbstverständlichkeit, mit der westliche Demokratie als Referenzpunkt dient, könnte differenzierter beleuchtet werden. Insgesamt liefert "Breitband" eine informative und zugleich unterhaltsame Auseinandersetzung mit drängenden digitalpolitischen Fragen.