In Österreichs zweithöchstes Amt bekleidet seit einem Jahr FPÖ-Politiker Walter Rosenkranz – ein Mitglied der Burschenschaft Libertas. Die erste Folge der fünfteiligen Recherche „Die Macht der Burschenschaften“ zeigt, wie sehr schlagende Verbindungen innerhalb der Rechtspopulist:innen das politische Gefüge durchdringen: Im FPÖ-Parlamentsklub sitzen mehr Burschenschafter als Frauen. Die Redaktion:innen Lucia Heisterkamp (DER SPIEGEL) und Antonia Rauth (DER STANDARD) rekonstruieren eine Blockadeaktion jüdischer Studierender gegen Rosenkranz am Wiener Holocaust-Mahnmal und sprechen mit einem FPÖ-Aussteiger über Rekrutierungsstrategien. Dabei rückt die mangelnde Transparenz in den Fokus – persönliche Daten zu Rosenkranz’ Herkunft oder Karriereweg sind kaum öffentlich, was für einen Nationalratspräsidenten ungewöhnlich ist. ### T1: Burschenschaften dominieren FPÖ-Spitze Die Dokumentation zeigt, dass mindestens 38 führende FPÖ-Politiker:innen Mitglied in schlagenden Verbindungen seien. „Die FPÖ wird praktisch von Burschenschaften geführt“, konstatiert die Redaktion. Im Parlament stelle diese Gruppe die größte Fraktion innerhalb des Klubs, was als Indiz für ein „geheimes Netzwerk“ gedeutet wird. ### T2: Ritualschläge als Einstiegscode Der ehemalige FPÖ-Gemeinderat Alexis Pascuttini berichtet, wie Verbindungen Interessent:innen anwerben: „Wenn man dann mitkriegt, dass das eigene Blut fließt … dann macht es schon was mit einem.“ Er beschreibt das Duellieren mit scharfen Klingen als Integrationsritual, das traditionelle Männlichkeitsbilder stärke. ### T3: Jüdische Aktivisten stellen Gedenkblockaden Bei Rosenkranz’ Kranzniederlegung am Holocaust-Mahnmal blockieren jüdische Studierende den Zugang. Bini Guttmann begründet: „Wir wollen nicht, dass sie uns in unseren Vorfahren ins Gesicht spucken.“ Die Aktion bleibt friedlich, doch Rosenkranz kehrt ohne Kranz ab – ein Symbol für den Konflikt zwischen Erinnerungskultur und Rechtspopulismus. ### T4: Öffentlichkeit kennt kaum Herkunftsdaten des Nationalratspräsidenten Trotz seines mächtigen Amtes gebe es keine Biografie, kaum Interviews oder belastbare Angaben über Walter Rosenkranz’ familiären Hintergrund. Recherchen des investigativen STANDARD-Redakteurs Fabian Schmid zeigen, dass selbst Weggefährten Auskünfte verweigern – ein Muster, das die Autor:innen als bewusste Undurchsichtigkeit werten. ## Einordnung Der Podcast versteht sich als investigativer Recherchepodcast mit journalistischem Anspruch; er kombiniert persönliche Geschichte mit politikwissenschaftlicher Analyse. Die Machart ist hörspielhaft: dramaturgisch gesetzte Klangbilder, kurze Statements und ein Spannungsbogen, der die Burschenschaften als „geheime Macht“ inszeniert. Dabei bleiben wichtige Fragen offen: Die Zahlen zu Mitgliedsquoten (0,04 %) und FPÖ-Verbindungen (38 Personen) werden ohne externe Quelle genannt, Gegenstimmen aus der FPÖ oder den Verbindungen fehlen weitgehend. Stattdessen dominieren die beiden Journalist:innen sowie kritische Experten wie der DÖW-Wissenschafter Bernhard Weidinger. Die Folge wirft berechtigte Fragen zur Transparenz und zum Anteil rechter Netzwerke in Institutionen auf, nimmt sich aber kaum Zeit, differenzierte Motive oder historische Kontexte schlagender Verbindungen zu beleuchten. Die Dramaturgie bedient die Angst vor einer „Übernahme“, ohne zu zeigen, ob und wie diese Einflussnahme konkekt funktioniert. Für Hörer:innen, die sich für österreichische Netzwerkforschung interessieren, liefert sie erste Hinweise; wer eine nüchterne Analyse sucht, erhält eher einen Thriller-Podcast.