Das Politikteil: Deutsche Russlandpolitik: "Den anderen Putin hat es nie gegeben"
Langjährige investigative Recherche zeigt: Deutsche Politik wirtschaftete sich trotz Warndaten in Abhängigkeit von Moskau fest – mit Blick auf die Ostsee-Pipeline, Rüstungskooperationen und die Illusion, Putin könne rational eingebunden werden.
Das Politikteil
73 min read4735 min audioIm Gespräch mit den Investigativ-Journalist:innen Katja Gloger und Georg Mascolo (Buch „Das Versagen. Eine investigative Geschichte der deutschen Russlandpolitik“) blicken Tina Hildebrandt und Heinrich Wefing auf Jahrzehnte deutscher Außenpolitik gegenüber Moskau zurück. Ausgehend von Putins Rede im Bundestag 2001, seiner KGB-Vergangenheit in Dresden und den Eskalationen ab 2014 (Krim-Annexion, Minsk-Prozess, MH17, Vergiftungen, Cyber- u. Hybridangriffe) zeichnen die Autor:sen ein Bild systematischer Fehleinschätzungen: Hoftnung auf „den anderen Putin“, tiefes wirtschaftliches Interesse (Dresdner Bank, Gazprom, Nord Stream 1/2), fehlende Abschreckung, ignorierte Geheimdienst-Warnungen und eine von Merkel fortgesetzte „Dialog-zuerst“-Logik. Besonders brisant: deutsche Unterstützung russischer Rüstungsprojekte, die Weigerung, nach 2014 konsequent zu antworten, sowie das Festhalten an Nord Stream 2 trotz aller Warndaten. Die Sendung wirft auf, wie sehr deutsche Eliten (Politik, Wirtschaft, Teile der Medien) sich in der Ostpolitik-Tradition verharrten, Machtverhältnisse vernachlässigten und heute mit den Folgen leben müssen. Schlussfolgerung: Russland führt laut Gästen einen hybriden Endkampf gegen den Westen; eine Zeitenwende in der Sicherheitsarchitektur Europas bleibt unausweichlich.