Der Tag: Journalisten in Gaza getötet - Pressefreiheit unter Beschuss
Zwei Krisen, zwei Interviews: Warum Israel Journalist:innen gezielt tötet und wie China im Zollpoker mit seltenen Erden trumpft.
Der Tag
35 min read2011 min audioDer "Deutschlandfunk – Der Tag" vom 12. August 2025 widmet sich zwei Top-Themen: dem gezielten Töten von sechs palästinensischen Journalist:innen im Gazastreifen und der Verlängerung der Zoll-Pause zwischen den USA und China. Hauptgesprächspartner sind Christopher Resch (Reporter ohne Grenzen, Nahost-Sprecher) und Benjamin Eissl (DLF-Korrespondent in Peking). Moderation: Barbara Schmidt-Mattern.
### 1 Israelische Armee gesteht gezielte Tötung eines Al-Jazeera-Teams
Die israelische Armee habe einen Drohnenangriff auf ein von Journalist:innen genutztes Zelt bestätigt, bei dem der Al-Jazeera-Korrespondent Anas al-Sharif und fünf weitere Reporter:innen getötet worden seien. Resch zufolge sei dies eine „gezielte Tötung“ und stelle einen möglichen Kriegsverbrechens-Darsteller dar.
### 2 Vorwurf „Hamas-Terrorist“ bleibe unbewiesen
Israel wirft al-Sharif vor, ein Hamas-Kommandant gewesen zu sein. Als Belege würden Screenshots, Excel-Tabellen und Krankenakten präsentiert, deren Herkunft und Echtheit jedoch unklar blieben. Resch fordert hieb- und stichfeste Beweise, bevor Menschen getötet würden.
### 3 Gazastreifen: kaum internationaler Zugang, keine Ausreisemöglichkeiten
Weder ausländische noch israelische Journalist:innen könnten frei einreisen; Ausreisen aus dem Gazastreifen sei selbst für gefährdete Reporter:innen fast unmöglich. Die israelische Behörde COGAT kontrolliere sämtlichen Personen- und Warenverkehr und verweigere systematisch Akkreditierungen.
### 4 Trump verlängert Zoll-Pause – China nutzt seltene Erden als Druckmittel
US-Präsident Trump habe die Aussetzung von Strafzöllen bis November verlängert. Eissl erklärt, China habe mit Exportrestriktionen bei seltenen Erden und Mikrochips Gegendruck ausgeübt und signalisiert, sich nicht einschüchtern zu lassen.
### 5 Handelsdefizit und Sojabohnen als Trump-Karte
Trump dränge China, US-Sojabohnen-Importe zu vervierfachen, um das Handelsdefizit zu reduzieren. China importiere Soja vor allem zur Schweinemast und könne Liefermengen schnell umschichten – ein politisches Zugeständnis mit Symbolwert für US-Farmer.
### 6 Keine schnelle Einigung in Sicht
Beide Seiten würden wohl bis zum Ende von Trumps Amtszeit mit fortgesetzten Verlängerungen leben. Eine umfassende Einigung sei unwahrscheinlich; stattdessen drohen neue Sanktionsdrohungen wegen chinesischer Ölimporte aus Russland.
## Einordnung
Die Sendung arbeitet professionell mit klassischem Interview-Stil: klare Nachfragen, sachliche Moderation, keine Polemik. Die Expert:innen bekommen Raum, komplexe Zusammenhänge zu entfalten, ohne dass journalistische Deutungshoheit abgegeben wird. Besonders bemerkenswert ist die Offenheit, mit der Resch die Lücken in Israels Begründung für die Tötung benennt – ein mutiges Vorgehen im deutschen Mainstream. Gleichzeitig bleiben palästinensische Perspektiven auf die Berichterstattung selbst ausgeblendet; die Diskussion über „Embedded Journalism“ fokussiert sich auf westliche Standards. Beim Zollstreit wird die asymmetrische Machtbalance zwischen USA und China nüchtern analysiert, doch die gesellschaftlichen Folgen für Arbeiter:innen in beiden Ländern treten in den Hintergrund. Insgesamt liefert der Podcast verlässliche Hintergrundinformationen, ohne alternative Deutungsmuster zu eröffnen.