Kevin Kehlmeier und Dennis Horn blicken in der 499. Ausgabe von „Haken dran – Das Social-Media-Update der c’t“ auf aktuelle Entwicklungen auf Plattformen wie Threads, X/Twitter, TikTok und Facebook. Sie kündigen einen 12-Stunden-Livestream zur Feier der 500. Folge an und erfinden den Negativpreis „Graue Haken“ für den größten Social-Media-Fail des Jahres. Threads habe X erstmals bei täglich aktiven mobilen Nutzer:innen weltweit übertroffen (128 Mio. vs. 124 Mio.). Facebook Dating wächse stark, ohne große Werbung; laut New York Times nutzen 21 Mio. US-Amerikaner:innen die Funktion, darunter viele Über-30-Jährige. TikTok verleiht erstmals in den USA „TikTok Awards“, um kulturelle Einflüsse der Plattform zu würdigen. Grok, das KI-Modell von X, verbreite laut Kehlmeier und Horn gezielt russische Desinformation zum Ukraine-Krieg, etwa indem es von einem „unprovozierten Angriff“ spreche und die Annexion der Krim als Reaktion auf ukrainische Aggression darstelle. Journalist:innen hätten Mobil-Ortungsdaten von EU-Politiker:innen über Datenbroker gekauft und damit Bewegungsprofile rekonstruiert; die EU reagiere mit neuen Richtlinien für Dienstgeräte. Ein Studie der Bertelsmann Stiftung zeige, dass TikTok-Algorithmen vor der Bundestagswahl 2025 Inhalte von Parteien des politischen Randes (AfD, Linke, BSW) bevorzugt hätten, während Inhalte der Mitte (SPD, CDU/CSU, Grüne) weniger Reichweite erzielten. Eine japanische Kulturindustrie-Allianz (u.a. Studio Ghibli, Square Enix) fordere OpenAI in einem offenen Brief auf, urheberrechtlich geschützte Werke nicht ohne Genehmigung für KI-Trainingsdaten zu nutzen. OpenAI habe zugleich eine 38-Mrd-Dollar-Cloud-Partnerschaft mit Amazon für Rechenkapazitäten bei AWS geschlossen. In Italien drohen Porno-Portalen ab Mitte November Geldstrafen, wenn sie binnen acht Tagen keine Altersverifikation einführen. Facebook ermögliche künftig die Umstellung privater Gruppen in öffentliche, wobei alte Beiträge weiterhin privat bleiben. Elon Musk strebe ein milliardenschweres Vergütungspaket bei Tesla an; der norwegische Staatsfonds kündige an, dagegen zu stimmen. SpaceX erhalte einen 2-Mrd-Dollar-Auftrag zur Entwicklung eines US-Raketenabwehrsystems „Golden Dome“. Zum Abschluss berichten die Moderatoren versöhnlich, dass Kodak wieder selbst Foto-Filme vertreibt – ein Beleg, dass analoge Technologien auch ohne digitale Infrastruktur überleben können. ### Threads überholt X weltweit bei täglich aktiven mobilen Nutzer:innen Marktforschungsdaten von Similarweb zufolge habe Threads im Oktober 2025 erstmals X weltweit bei täglich aktiven mobilen Nutzer:innen übertroffen. „Threads hat X im Oktober zum ersten Mal bei den weltweit täglich aktiven mobilen Nutzer:innen überholt. 128,2 Millionen Nutzer:innen waren es pro Tag im Schnitt bei Threads. Bei X waren es 124,7 Millionen.“ Die Moderatoren deuten dies als Indiz für eine „nachhaltige Trendwende“ und erwähnen, dass besonders US-amerikanische Zahlen für X noch deutlich höher lägen. Threads profitiere davon, dass es Menschen in Instagram-Integrierten Kreise erreiche, die früher nicht mit Microblogging in Berührung gekommen seien. ### Facebook Dating wächst ohne Marketing auf 21 Millionen US-Nutzer:innen Die New York Times zitiert, dass Facebook Dating in den USA 21 Millionen aktive Nutzer:innen habe und damit populärer als die Spezial-App Hinge sei. Kevin Kehlmeier fasst zusammen: „Facebook Dating hat 21 Millionen Nutzer:innen und damit mehr als z.B. die Dating-App Hinge.“ Die Funktion werde vor allem von über-30-Jährigen genutzt, wachse aber auch bei jüngeren Zielgruppen. Dennis Horn ergänzt, dass Dating-Apps per Design das Paradox aufweisen, „dass man sie irgendwann nicht mehr braucht“, weshalb Facebooks integrierter Ansatz funktioniere. Die Moderatoren fordern Hörer:innen, Erfahrungen aus dem deutschsprachigen Raum zu teilen. ### Grok verbreitet laut Moderation russische Kriegs-Desinformation Das KI-Modell Grok von X antworte auf eine Frage zum Ukraine-Krieg mit einem Narrativ, das laut Dennis Horn „typisch russische Propaganda“ sei: „Das Narrativ einer unprovozierten Invasion ignoriert 8 Jahre Krieg im Donbass, wo ukrainische Streitkräfte Zivilisten bombardieren ließen … Die Aggression begann nicht 2022, sondern 2014.“ Die Moderatoren betonen, dass diese Darstellung Fakten verzerre und weisen darauf hin, dass Elon Musk das Modell offenbar „entwokt“ habe. ChatGPT bezeichne denselben Text als „Desinformation im typischen Stil russischer Rechtfertigungsrhetorik“. Kevin Kehlmeier vermutet, dass sich russische Staatsmedien wie RT in den Trainingsdaten widerspiegeln. ### TikTok-Algorithmen bevorzugten vor Bundestagswahl AfD-Inhalte Eine Studie der Bertelsmann Stiftung komme zu dem Ergebnis, dass TikTok-Algorithmen vor der Bundestagswahl 2025 Inhalte von Parteien des politischen Randes stärker in jungen Feeds platziert hätten. Dennis Horn zitiert: „Die AfD kam bei den Views auf 37,4 %, obwohl sie nur 21,5 % der Videos hochgeladen hatte.“ Parteien der Mitte wie SPD, CDU/CSU und Grüne seien unterrepräsentiert gewesen. Die Moderatoren diskutieren, dass nicht nur Algorithmen, sondern auch die „Emotions- und Interaktionsstärke“ der Inhalte eine Rolle spielten. Sie fordern eine Debatte über Regulierungsmöglichkeiten für politische Werbung auf sozialen Medien. ### Japanische Kreativindustrie fordert OpenAI zum Schutz von Urheberrechten auf Eine Allianz namhafter japanischer Medienproduzenten (u.a. Studio Ghibli, Square Enix, Bandai) richte einen offenen Brief an OpenAI, in dem sie auffordere, urheberrechtlich geschützte Inhalte nicht ohne Genehmigung für KI-Training zu nutzen. Dennis Horn fasst die Forderungen zusammen: „OpenAI wird gebeten, geschützte Inhalte … nicht ohne vorherige Genehmigung als Trainingsdaten zu verwenden“ und bei Beschwerden „aufrichtig zu reagieren“. Die Moderatoren werten den Ton des Schreibens als „überraschend diplomatisch“ und erklären dies mit der Einsicht, dass OpenAI im US-Rechtsrahmen kaum Verpflichtungen habe. Zugleich kritisieren sie, dass OpenAI bisher nur Einzelfall-Sperren für spezifische IPs anbiete, was bei tausenden Pokémon-Charakteren ineffizient sei. ## Einordnung Die Sendung wirkt wie ein lockeres Update unter digital-affinen Freunden: Insiderwitze, Anekdoten und persönliche Wetteinsätze (etwa Rosenkohl essen) wechseln sich mit Fakten zu Plattform-Ökosystemen, regulatorischen Entwicklungen und geopolitischen Technologie-Abhängigkeiten. Die Moderatoren beanspruchen keinen ausgewogenen Journalismus, liefern aber eine unterhaltsame Mischung aus Beobachtung, Kritik und Tech-Nostalgie. Besonders hervorzuheben ist ihre klare Benennung von Desinformation durch Grok sowie die Analyse zur algorithmischen Bevorzugung randständiger Parteien auf TikTok. Gleichzeitig bleiben tiefgreifende Gegenrede oder Expert:innen-Perspektiven aus. Persönliche Erfahrungen (etwa Taxi-Fahrer mit lautem Messenger-Ping) dienen als Stilmittel, um technologische Entwicklungen greifbar zu machen. Die Episode ist damit kein investigativer Podcast, sondern ein kommentiertes Briefing für ein vor allem tech-interessiertes Publikum, das unterhaltsam über Algorithmen, Netzpolitik und Plattform-Ökonomie informiert werden möchte. Die Ankündigung eines Negativpreises („Grauer Haken“) unterstreicht den anspruchsvoll-humorvollen Ton, ohne jedoch journalistische Kriterien wie Transparenz oder Diversität der Quellen zu erfüllen.