Ulrich Schlüer von der «Schweizerzeit» spricht mit der Urner Ständerätin Heidi Z’graggen (Mitte) über den EU-Rahmenvertrag, das Ständemehr und die schweizerische Neutralität. Z’graggen warnt, der geplante Vertrag beschneide die Souveränität der Kantone, da er «Ausgleichsmaßnahmen» (mögliche Sanktionen) vorsehe und Themen wie Wasserrechte, staatliche Beihilfen und Energiepolitik betreffe. Sie fordert, die Abstimmung müsse zwingend das Ständemehr erhalten, weil die Vorlage «in die Grundprinzipien unseres Landes eingreift». Die Bundesrats-Entscheidung, nur das Volksmehr gelten zu lassen, nennt sie «unverständlich» und «enttäuschend». Weiter verteidigt sie den Föderalismus als «Fundament der Schweiz» und betont, kantonale Steuer- und Bildungshoheit seien wettbewerbs- und krisenresilient. Z’graggen sieht die «immerwährende bewaffnete Neutralität» als «DNA des Landes» gefährdet: Sanktionen gegen Russland, NATO-Nähe und PESCO-Übungen hätten die Glaubwürdigkeit beschädigt, weshalb erstmals eine Volksinitiative zur Neutralität notwendig werde. Beide Themen – EU-Vertrag und Neutralität – seien «Grundfesten» der Schweiz und müssten 2027 vom Volk abgestimmt werden. ### 1. Der EU-Rahmenvertrag entziehe laut Bundesrat dem Ständemehr, was Z’graggen als Verfassungsbruch wertet «Ich finde diesen Entscheid des Bundesrates höchst problematisch … Das ist die Kernfrage unseres staatspolitischen Aufbaus» (9:26–11:20) ### 2. «Ausgleichsmaßnahmen» im Vertrag würden Schweizer Kantonen und Bürger:innen unter Druck setzen «Wenn er oder sie im Hintergrund diese Ausgleichsmaßnahmen als Drohung an der Wand hat, kann eine Bürgerin ihre Meinung nicht mehr frei äußern» (10:41–11:00) ### 3. Wasser- und Energiehoheit der Bergkantone werde durch Stromabkommen mit der EU eingeschränkt «Diese Hoheit … muss in der Schweiz bleiben, ohne Zweifel bei den Kantonen» (31:56–32:18) ### 4. Zentrale Behauptung: Föderalismus und Neutralität seien zwei Seiten derselben Souveränitätsmünze «Je mehr wir uns der EU annähern … desto mehr kommen beide Konzepte in Schwanken» (14:24–14:31) ### 5. Die Schweiz habe durch Nachgiebigkeit gegenüber der NATO ihre Vermittlerrolle verloren «Für diesen Krieg haben wir keinen Neutralen in der Schweiz» (4:54) ## Einordnung Das Gespräch ist kein investigativer Journalismus, sondern ein klares Meinungs-Interview: Moderator Schlüer stellt offene, oft wertende Fragen («Der Neutrale ist nie beliebt») und gibt der Politikerin viel Raum für geschichtliche Exkurse. Faktische Gegenfragen oder Expert:innen-Stimmen fehlen; die EU-Position wird lediglich als «Diktat von Brüssel» zitiert. Die Sendung verstetigt damit eine euroskeptische, föderalistische Deutung, ohne alternative Perspektiven (z.B. wirtschaftliche Vorteile des Vertrags, Meinungen aus der Westschweiz oder von Migrant:innen) einzuholen. Die Argumentation bleibt konsistent, aber die Darstellung des EU-Rahmenvertrags als verfassungsgefährdendes «Über-1800-Seiten-Monster» entspringt eher politischer Kampagnensprache als analytischer Durchdringung. Wer sich für die innenpolitische Auseinandersetzung um Souveränität, Föderalismus und Neutralität interessiert, erhält hier eine zugängliche, parteiliche Einführung – wer ausgewogene Information sucht, sollte weitere Quellen konsultieren.