netzpolitik.org: Chatkontrolle: „Total unausgegoren und technisch nicht tragfähig“
Klaus Landefeld vom Verband eco analysiert, warum die geplante EU-Chatkontrolle technisch unausgereift, gefährlich für die Privatsphäre und letztlich ineffektiv ist.
netzpolitik.org
19 min readIn einem Interview mit netzpolitik.org positioniert sich Klaus Landefeld, Vorstand des IT-Branchenverbandes eco, entschieden gegen die EU-Pläne zur Chatkontrolle. Er bezeichnet den aktuellen Vorschlag als „völlig falschen Weg“, der die Sicherheit aller Bürger:innen untergrabe. Landefeld argumentiert, dass die zum Einsatz kommenden KI-Systeme zur Erkennung von Missbrauchsdarstellungen (CSAM) technisch unausgereift und extrem fehleranfällig seien. Dies führe dazu, dass auch harmlose private Bilder, wie Familienfotos vom Urlaub, fälschlicherweise als verdächtig eingestuft werden könnten. Die Konsequenz wäre eine massive Verletzung der Grundrechte und des Kernbereichs privater Lebensgestaltung.
Ein zentraler Kritikpunkt ist die wahrscheinliche technische Umsetzung mittels Client-Side-Scanning, bei dem eine Art „Spionagesoftware“ direkt auf den Geräten der Nutzer:innen deren Kommunikation vor der Verschlüsselung durchleuchten würde. Landefeld warnt: „Wenn sich Menschen innerhalb der Familie zum Beispiel Bilder zuschicken, sollen dann irgendwelche KI-Systeme in diese privaten Bilder reingucken? Das ist für mich ein absolutes No-Go, denn das verletzt die Grundrechte.“ Zudem sei völlig ungeklärt, wer die Kontrolle über die zu scannenden Inhalte habe, was Missbrauch durch autoritäre Regime Tür und Tor öffnen könnte. Statt einer Massenüberwachung, die Strafverfolgungsbehörden mit einer Flut an Falschmeldungen überlaste und die Aufklärungsquote senke, fordert er eine bessere Ausstattung der Behörden für gezielte Ermittlungen.
## Einordnung
Das Interview präsentiert eine pointierte und technisch fundierte Kritik an der geplanten Chatkontrolle, die ausschließlich aus der Perspektive der IT-Wirtschaft und von Bürgerrechtler:innen formuliert wird. Die Stimmen von Befürworter:innen der Maßnahme, etwa aus dem Bereich der Strafverfolgung oder des Kinderschutzes, kommen nicht zu Wort. Der Text ist stark durch ein negatives Framing geprägt, das Begriffe wie „Spionagesoftware“ und „Super-GAU“ nutzt, um die Gefahren der Technologie zu verdeutlichen. Die implizite Annahme ist, dass der Schutz der digitalen Privatsphäre und sicherer Kommunikation einen höheren Stellenwert hat als der Versuch, Kriminalität durch eine anlasslose Massenüberwachung zu bekämpfen.
Der Newsletter stärkt die Position von Technologieexpert:innen und Datenschützer:innen und stellt die Pläne der EU-Kommission als unausgegoren und gefährlich dar. Argumentative Schwächen liegen in der einseitigen Darstellung, die Gegenargumente nicht entkräftet, sondern ignoriert. Das Thema ist von hoher gesellschaftlicher Relevanz, da die Entscheidung über die Chatkontrolle die digitale Kommunikation aller EU-Bürger:innen nachhaltig verändern könnte. Der Text ist lesenswert für alle, die eine tiefgehende, kritische Auseinandersetzung mit den technischen und grundrechtlichen Problemen der Chatkontrolle suchen, sollten sich aber bewusst sein, dass es sich um eine parteiische Darstellung handelt.
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