Wohlstand für Alle: Ep. 314: Von der Boston Tea Party zu Donald Trump
Zwei Autoren demontieren den Mythos der Boston Tea Party als Steuerprotest und zeigen, dass es vor allem um wirtschaftliche Interessen ging.
Wohlstand für Alle
42 min read2445 min audioDie Episode "Aufstände gegen Zölle und Steuern" beleuchtet die wirtschaftlichen Ursprünge der amerikanischen Revolution. Wolfgang M. Schmitt und Ole Nymoen erklären, dass die Boston Tea Party von 1773 weniger ein Aufstand gegen Steuern als vielmehr ein Konflikt um Handelsmonopole und Profite der Kolonial-Eliten gewesen sei. Große Teile der bisherigen Tee-Importeure hätten durch die britische Subventionspolitik für die East India Company aus dem Geschäft gedrängt werden sollen. Die Folge zeigt Parallelen zum heutigen US-amerikanischen Diskurs, insbesondere zum Tea-Party-Movement und dessen selektiver Rezeption der Geschichte.
### Die Boston Tea Party sei kein Steuerprotest, sondern ein Handelskonflikt
Ole Nymoen betont: "De facto handelt es sich aber vor allem um bestimmte Kapitalinteressen, die sich hier mit einem schon länger schwelenden Volkszorn verbanden." Die Zerstörung des Teeladens sei nicht gegen eine Steuererhöhung gerichtet gewesen, sondern gegen die bevorstehende Preisunterbietung des legalen britischen Tees gegenüber dem bisher dominierenden holländischen Schmuggeltee.
### Die britische Politik sei widersprüchlich und planlos verlaufen
Ole Nymoen stellt fest: "Es hat eher den Anschein, als wollte man da eine Macht simulieren, die de facto schon längst ins Wanken gekommen war." Die britische Krone habe Steuern und Zölle eingeführt, um die Kolonien zur Kasse zu bitten, diese aber nach massiven Protesten wieder teilweise zurückgenommen – bis nur noch der symbolische Teezoll blieb.
### Die amerikanische Freiheitsideologie beruhe auf selektiver Geschichte
Ole Nymoen konstatiert: "Die meisten Bürger haben ja von dieser Freiheit wahnsinnig wenig. Ich sehe das Elend jetzt ja gerade hier jeden Tag in New York." Die bis heute populäre Narrative der Boston Tea Party als Freiheitskampf gegen Steuern blende aus, dass die breite Bevölkerung von den britischen Maßnahmen profitiert hätte, während vor allem wohlhabende Händler ihre Profite verloren hätten.
### Die moderne Tea-Party-Bewegung greife die Geschichte ideologisch auf
Wolfgang M. Schmitt erklärt: "Rezipiert wird die Boston Tea Party jedenfalls sehr selektiv, nämlich als reiner Protest gegen Steuern und Zölle und zwar der einfachen Amerikaner." Dabei werde ignoriert, dass die heutige republikanische Zollpolitik unter Trump die Konsumenten stärker belaste als die britischen Maßnahmen 1773.
## Einordnung
Die Folge arbeitet geschickt mit historischen Quellen und aktuellen Bezügen, bleibt dabei aber klar im Unterhaltungsformat. Die beiden Moderatoren kritisieren die vereinfachte Rezeption der Boston Tea Party als reiner Steuerprotest und heben die wirtschaftlichen Interessen der Kolonial-Eliten hervor. Dabei nutzen sie pointierte Vergleiche zur Gegenwart, etwa wenn sie die heutige US-Zollpolitik mit der britischen Kolonialpolitik vergleichen. Die Argumentation ist stringent, belegt mit Zitaten aus historischen Quellen und bleibt frei von Verschwörungstheorien oder rechter Ideologie. Die Perspektive ist dabei eindeutig links-liberal, was sich in der Kritik an der US-amerikanischen Freiheitsideologie und der Tea-Party-Bewegung zeigt. Die Folge liefert eine unterhaltsame und informierte Auseinandersetzung mit einem zentralen Mythos der US-Geschichte und ist damit hörenswert für alle, die sich für die wirtschaftlichen Ursprünge der amerikanischen Revolution interessieren.