Paul Ronzheimer und Michael Bröker diskutieren die angespannte Lage der schwarz-roten Koalition nach der Sommerpause. Die große Bewährungsprobe soll die Sozialstaatsreform werden, bei der sich Union und SPD grundsätzlich sprechen: Die Union will offenbar Kürzungen und Leistungsanpassungen, die SPD setzt auf Ausweitung und mehr Geld. Streitthemen sind Bürgergeld, Familienleistungen, Gesundheits- und Pflegekosten sowie mögliche Steuererhöhungen. Die Spannung zwischen Kanzler Friedrich Merz und Vizekanzler Lars Klingbeil wächst, nachdem Merz der SPD öffentlich „Strategie-Ratschläge“ gab. Zudem belasten die verpatzte Richterwahl und personelle Fraktionsquerelen um Jens Spahn und Matthias Miersch die Kooperation. Beide Seiten wissen, dass eine Scheidung kaum möglich ist – weshalb wachsweiche Kompromisse wahrscheinlich wären. ### 1. Die Sozialstaatsreform könnte zur Koalitionskrise werden Die wirklich große Krise, so Bröker, werde nicht die Richterwahl, sondern die Sozialstaatsreform sein: „Die SPD will nicht, dass es zu Leistungskürzungen kommt … Bei der CDU ist das Grundvoraussetzung.“ ### 2. Union plant offenbar massive Einschnitte bei Bürgergeld und Familienleistungen Friedrich Merz habe intern angedeutet: „Punkt 1 ist Bürgergeld … Die Union will diese Leistung dramatisch zusammenlegen und auch kürzen.“ ### 3. SPD pocht auf höhere Steuern für Spitzenverdiener und verteidigt Kommunen Lars Klingbeil fordere, „was besonders Vermögende … noch zusätzlich leisten könnten“, während die Union Steuererhöhungen strikt ablehne. ### 4. Merz und Klingbeil – zwei geschwächte Parteichefs in der Zwangsehe Beide seien „geschwächt in ihrer Partei“ und müssten Kompromisse eingehen, „die sie eigentlich gar nicht machen wollen“. ### 5. Jens Spahn steht nach Richter-Panne massiv unter Druck Spahn sei „getroffen“ und vermisse öffentliche Rückendeckung: „Wenn es hart auf hart kommt, wird jeder Kanzler … den Fraktionschef opfern.“ ### 6. Junge Abgeordnete rebellieren – Gefahr von Mehrheitsverlust Die Fraktionen seien „ganz andere geworden“; junge Unionsabgeordnete wollten „ihren Merz auch in der Regierung spüren“ und ließen sich nicht mehr befehlsgemäß führen. ## Einordnung Ronzheimer führt das Gespräch journalistisch souverän: Er stellt offene Fragen, lässt Bröker ausführlich antworten und verzichtet auf Polemik. Die Sendung wirkt wie ein strategisches Briefing für politisch Interessierte; Hintergrundinformationen dominieren, Emotion bleibt außen vor. Auffällig ist, wie sehr sich die Debatte auf Macht- und Personalfragen konzentriert – soziale Auswirkungen der geplanten Kürzungen werden kaum hinterfragt. Marginalisiert bleiben die Betroffenen selbst: Arbeitslose, Kommunen, pflegende Angehörige kommen nicht zu Wort. Stattdessen wird die Politik als Schachspiel dargestellt, bei dem letztlich nur die Frage zählt, ob Merz oder Klingbeil den kürzeren ziehen. Die Perspektive „Was bedeutet das für Menschen im Land?“ bleibt unbeleuchtet.