Sebastian Tigges begrüßt in „Männer weinen heimlich“ die Feministin Nicole Zacharias, die als erste Frau in dieser Staffel über die blinden Flecken männlicher Privilegien spricht. Sie erklärt, warum Männer oft nicht zuhören könnten, wenn Frauen von ihren Erfahrungen berichten: In einer patriarchal geprägten Gesellschaft sei die männliche Perspektive lange Zeit als universelle Norm gegolten; werde nun die Frauenperspektive laut, empfinden viele Männer dies als Bedrohung und würden sofort widersprechen oder die Erfahrung auf sich beziehen. Zacharias betont, dass patriarchale Strukturen nicht nur Frauen schaden, sondern auch Männer in ein Korsett drängen, das etwa emotionale Offenheit unterbindet. Sie fordert eine Neuauslotung von Männlichkeit jenseits starrer Stereotype und kritisiert, dass Männer für feministische Statements oft mehr Applaus ernten als Frauen, die dieselbe Arbeit seit Jahren leisten. Viele selbst ernannte männliche „Allies“ würden sich inszenieren, anstatt Verantwortung zu übernehmen und Frauen sichtbar zu machen. Konkrete Schritte für Männer sieht sie in der Reflexion eigener Privilegien, im Stärken von Frauenstimmen und im aktiven Hinterfragen alltäglicher Sexismen. Das Gespräch endet mit dem Appell, Männer dürften die Verantwortung für Geschlechtergerechtigkeit nicht länger allein Frauen überlassen. ### 1. Männliches Zuhör-Defizit als Symptom patriarchaler Sozialisation Nicole Zacharias erklärt, viele Männer könnten schwer zuhören, weil sie ungewohnt seien, dass Frauenerfahrungen im Mittelpunkt stünden. In einer Gesellschaft, in der Männer lange die Geschichten erzählten, wirke es wie ein Schock, wenn nun Frauen sprechen. „Dieser Schock führt dann dazu, dass sie diesen Impuls haben, sofort dagegen zu halten.“ ### 2. Patriarchale Strukturen schaden auch Männern Zacharias betont, das System schade nicht nur Frauen, sondern zwinge Männer in Rollen wie „stark, rational, Versorger“. Viele Männer würden diese Erwartungen eigentlich gar nicht erfüllen wollen, seien aber durch ihr Privileg geblendet und erkennten die eigenen Einschränkungen nicht. ### 3. Männlichkeit neu denken statt Stereotype zementieren Sie fordert, Männlichkeit als selbstbestimmbare Haltung zu verstehen: „Es darf nicht dazu führen, dass wir im Freundeskreis dafür ausgelacht werden … wenn ich als Mann sage: Ich möchte auch mal emotional sein dürfen.“ ### 4. Feministische Doppelstandards: Applaus für Männer, Hass für Frauen Ein zentrales Ärgernis sei, dass Männer für dieselben Aussagen gefeiert würden, während Frauen wie sie selbst „angegriffen, beschimpft, bedroht“ würden. „Wir Frauen machen diese Arbeit seit Jahrzehnten. Und wir ernten dafür nur Hass. Und dann kommt ein Mann … und wird dafür gefeiert.“ ### 5. „Allyship“ zwischen Selbstinszenierung und Verantwortung Zacharias kritisiert, viele Männer beanspruchten das Label „Ally“, ohne unbequeme Kritik einzustecken oder Frauen sichtbar zu machen. Echter Beistand bedeute: „dass ich Verantwortung übernehme … die unangenehmen Gespräche führe“ und eigene Privilegien nutze, um Frauen zu stärken, statt sich selbst in den Vordergrund zu spielen. ## Einordnung Das Gespräch wirkt wie ein offenes Selbstgespräch der männlichen Gäste mit feministischen Thesen: Sebastian Tigges stellt sich als fragender Laie dar, bestätigt aber wiederholt die Kritik aus der Genderforschung und spiegelt so die Zielgruppe. Die Sendung bleibt dabei klar im Unterhaltungsformat – ohne journalistische Gegenstimme oder strukturelle Machtanalyse jenseits des Geschlechtbinars. Positiv: Es gelingt Zacharias, komplexe Zusammenhänge wie Privilegien, toxische Männlichkeit und Aktivismus-Klischees in verständlicher Sprache zu entfalten; Tigges hält zurück und lässt seine Gäste ausführlich antworten. Kritisch: Es bleibt bei der Botschaft, dass sich Männer „nur“ mit sich selbst und ihrem Umfeld beschäftigen müssten; Klassismus, Rassismus oder queere Perspektiven bleiben unerwähnt. Der Fokus auf männliche Selbstverständnis-Probleme kann leicht in Selbstbezogenheit umschlagen, ohne konkrete politische Handlungsfelder (Betrieb, Recht, Bildung) zu benennen. Insgesamt ein zugänglicher Einstieg in feministische Grundthesen, aber keine tiefe Auseinandersetzung mit Machtmechanismen jenseits des Geschlechterbinärs.