11KM: der tagesschau-Podcast: Mieten in deutschen Städten: Kein Zimmer, Küche, Bad
Investigative Reportage über die Wohnungskrise in München: Wie politisches Versagen und ein Teufelskreis aus Soforthilfen statt Wohnungsbau Menschen wie Anne in teure Container-Unterkünfte treibt.
11KM: der tagesschau-Podcast
25 min read1555 min audioDie 11KM-Folge "Mieten-Wahnsinn" begleitet BR-Journalistin Beate Greindl durch die Wohnungsnot in München. Hauptthema ist die prekäre Lage von Menschen wie Anne, die nach Verlust von Job und Partner:in in einer unsicheren Container-Unterkunft lebt und trotz tausender Bewerbungen keine Wohnung findet. Die Episode zeigt, dass die Mieten bundesweit seit 2015 um 50 % gestiegen seien und München mit über 22 €/m² Spitzenreiter sei. Die Mietpreisbremse wirke kaum, da Vermieter:innen durch Möblierung und Schlupflöcher höhere Preise durchsetzen könnten. Gleichzeitig fehlten bundesweit 900.000 Sozialwohnungen, da ihre Zahl seit 2006 von 4 Mio. auf 1 Mio. halbiert worden sei. Die Kommunen steckten in einer Zwickmühle: München zahle 2.400 € monatlich für Annes 12-m²-Containerzimmer an einen internationalen Privatanbieter, weil sie gesetzlich zur Unterbringung verpflichtet sei. Die Bundesregierung verspreche mit einem "Bauturbo" Abhilfe, doch kurzfristig ändere sich wenig.
### München zahle 2.400 € für ein 12-Quadratmeter-Zimmer in einem Wohncontainer
Beate Greindl berichtet: "Das ist natürlich, wenn man sich das überlegt, das wäre ja wirklich Mietwucher vom Feinsten. [...] Die Stadt muss eben solche Sachen anmieten von Anbietern, die einfach da einen Reibach machen."
### Die Mietpreisbremse wirke kaum, da Vermieter:innen Schlupflöcher nutzen
"Es gibt so ein paar Schlupflöcher. [...] die Vermieter sind ja sehr erfindungsreich, die möblieren dann die Wohnung und sagen dann, ja, das ist ja möbliert und das sind ja teure Möbel und die kosten ja auch was."
### Sozialwohnungen seien seit 2006 um die Hälfte gesunken
"Von etwa 4 Millionen Sozialwohnungen in den 80ern runter auf etwa eine Million jetzt. [...] In Deutschland fehlen laut einer Studie mehr als 900.000 Sozialwohnungen."
### Kommunen steckten in einem Teufelskreis aus Soforthilfen und fehlendem Wohnungsbau
"Das ganze Geld, was da ja reingesteckt wird in diese Soforthilfen, das ist ja weg und das fehlt da natürlich für den Wohnungsbau und nur der Wohnungsbau wäre ja nachhaltig."
### Die Bundesregierung setze auf einen "Bauturbo" statt konkreter Wohnungszahlen
"In den ersten 100 Tagen lege ich eine neue Version des Baugesetzbuches vor. [...] Die Kommunen bekommen eine Brechstange und da, wo sie bauen wollen, da dürfen sie dann auch einfach mehr und viel schneller bauen."
### Anne habe trotz tausender Bewerbungen keine Sozialwohnung erhalten
"Jetzt war ich vor drei Wochen und habe mir eine Wohnung angeschaut. Da standen 20 Leute vor mir, 20 Leute nach mir. [...] auf eine Wohnung bewerben sich da 600 Leute und sie hat es halt nie geschafft."
## Einordnung
Die Episode überzeugt durch konkrete Menschenschicksale und harte Zahlen, ohne zu moralisieren. Besonders stark ist die Verknüpfung von Mikro- und Makroebene: Während Annes persönliche Geschichte emotional berührt, werden systemische Zusammenhänge wie der Teufelskreis aus Sozialhilfe und fehlendem Wohnungsbau klar aufgezeigt. Die Journalistin vermeidet es, einfache Schuldzuweisungen zu machen, zeigt aber sehr deutlich, wie politisches Versagen direkte Folgen für Einzelne hat. Die fehlende Perspektive von Vermieter:innen oder Politiker:innen fällt kaum ins Gewicht, da die strukturellen Probleme so präzise analysiert werden. Die Episode ist ein gelungenes Beispiel für investigativen Journalismus, der ohne erhobenen Zeigefinger komplexe Zusammenhänge verständlich macht.