Echo der Zeit: Spanien verzeichnet neu die meisten EU-Asylgesuche
Das «Echo der Zeit» analysiert Spaniens neue Spitzenposition bei EU-Asylgesuchen und gibt einem palästinensischen Häftling Raum für Kritik an westlicher Nahost-Politik.
Echo der Zeit
33 min read2163 min audioDas «Echo der Zeit» behandelt in der Sendung vom 18. Juli die Verschiebung der europäischen Asylstatistik: Spanien verzeichnet mittlerweile die meisten EU-Asylgesuche, während Deutschland auf Platz zwei zurückfällt. Die Journalistin Julia Macher aus Madrid erläutert, dass diese Entwicklung in Spanien kaum öffentlich diskutiert werde, da das Land längst zum Einwanderungsland geworden sei.
### Spaniens Wirtschaft sei auf lateinamerikanische Zuwanderung angewiesen
Macher erklärt, dass «alles, was in Spanien häusliche Pflege ist oder Personal in Bars und Restaurants, Hotels, der ganze Tourismussektor, all das würde ohne Einwanderer aus Lateinamerika nicht funktionieren». Die spanische Regierung verfolge daher eine liberale Migrationspolitik und habe kürzlich das Ausländerrecht reformiert, um irregulären Einwanderern schneller eine Legalisierung zu ermöglichen.
### Kulturelle Nähe erleichtere die Integration lateinamerikanischer Migranten
Selbst die rechtsextreme Partei Vox schimpfe nicht auf Asylsuchende aus lateinamerikanischen Ländern, so Macher. Der Grund: «Sie sprechen die gleiche Sprache, haben einen ähnlichen kulturellen und auch religiösen Hintergrund und das erleichtert bei den Latinos die Integration in den Arbeitsmarkt.»
### Spaniens Anerkennungsquote bei Asylanträgen bleibe niedrig
Trotz der hohen Antragszahlen erhalte nur ein geringer Anteil tatsächlich Asyl. Die Quote liege bei 18,5 Prozent, deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 46,6 Prozent. Macher betont, dass «allein die Zahl der Asylgesuche jetzt noch nichts darüber aussagt, wie viele Menschen dann tatsächlich Asyl erhalten».
### Palästinenser beklagt westliche Doppelmoral
In einer Reportage aus dem Westjordanland äußert ein freigelassener palästinensischer Häftling scharfe Kritik: «Ihr redet ständig von Freiheit, Moral und Demokratie. Es ist Zeit, dass ihr diese Werte auch anderen Völkern zugesteht.» Er kritisiert, dass der Westen trotz völkerrechtswidriger israelischer Siedlungen keine Konsequenzen ziehe.
### Religionssoziologe konstatiert weltweiten Bedeutungsverlust der Religion
Detlef Pollack beschreibt einen «erdrutschartigen Zusammenbruch der kirchenförmigen Religiosität», beispielsweise in Polen. Als Grund nennt er nicht primär Ablehnung, sondern dass Menschen «von der Religion abgelenkt» seien und «anderes als wichtiger einschätzen».
## Einordnung
Das «Echo der Zeit» bietet eine sachliche, multiperspektivische Berichterstattung zu aktuellen Entwicklungen. Besonders die Spanien-Analyse überzeugt durch differenzierte Einordnung: Macher erklärt nicht nur die Statistik, sondern beleuchtet wirtschaftliche Hintergründe und gesellschaftliche Reaktionen. Die Reportage aus dem Westjordanland gibt einer marginalisierten Perspektive Raum, ohne diese unkritisch zu übernehmen. Allerdings fehlt eine israelische Stimme zur Einordnung der Vorwürfe. Die Religionsstudie wird kompetent präsentiert, wobei die Komplexität des Themas angemessen gewürdigt wird. Das Format entspricht journalistischen Standards mit klarer Trennung von Bericht und Analyse. Die Mischung aus internationaler Politik und gesellschaftlichen Entwicklungen bietet Hörer:innen eine fundierte Orientierung im aktuellen Geschehen. Hörempfehlung für alle, die sich über europäische Migrationspolitik, Nahost-Konflikt und gesellschaftliche Trends informieren möchten.