In der neuesten Folge des Podcasts "Haken dran" diskutieren Moderator Kevin Gavin und sein Gast Janis Schakarian (Audio-CVD beim Spiegel) aktuelle Entwicklungen im Bereich sozialer Medien. Zentrales Thema ist die zunehmende Social-Media-Fatigue: Beide Hosts teilen ihre persönliche Ernüchterung im Umgang mit sozialen Netzwerken und Smartphones. Janis berichtet: "Ich habe mein Verhältnis zu Social Media grundsätzlich überdacht" und beschreibt, wie er einen Minimalist-Launcher auf seinem Smartphone installiert hat, um die Nutzung einzuschränken. Die beiden diskutieren ausführlich über neue Whistleblower-Erkenntnisse zum "Doge", einer von Elon Musk geleiteten Regierungsbehörde in den USA. Eine Whistleblowerin berichtet, dass Doge-Mitarbeiter:innen im großen Stil Daten aus einer US-Bundesbehörde abgezogen haben, während gleichzeitig Anmeldeversuche von russischen IP-Adressen stattfanden. Kevin betont: "Das ist so abstrus. [...] Warum haben wir uns aufgeregt über Signalgate? Und was steckt auch hier dahinter, dass die Doge-Leute da mit, keine Ahnung, wahrscheinlich ihren privaten MacBooks da reinmarschieren und sagen, wir zapfen mal kurz die Regierungssysteme an." Weitere Themen umfassen ein Handyverbot an französischen Schulen, den laufenden Prozess zwischen Meta und der FTC, und Metastudien, die den Zusammenhang zwischen digitalen Medien und Polarisierung in Demokratien belegen. Janis fasst zusammen: "Digitale Medien sind ein Treiber, ein Motor für Populismus und Polarisierung, vor allem in etablierten Demokratien." Diskutiert wird auch, wie Plattformen mit unterschiedlichen nationalen Gesetzen umgehen sollten. Der Podcast thematisiert zudem die Ankündigung, dass Liz Truss ein neues soziales Netzwerk gründen will, und dass OpenAI möglicherweise ein eigenes soziales Netzwerk plant. Interessant ist auch die Beobachtung, dass junge Menschen wieder vermehrt zu Tumblr zurückkehren, was die Hosts als mögliches Zeichen einer Rückbesinnung auf längere, weniger algorithmusgetriebene Inhalte deuten. ## Einordnung Der Podcast bietet eine kritische Auseinandersetzung mit den Auswirkungen sozialer Medien auf Gesellschaft und Demokratie. Bemerkenswert ist, wie offen die Hosts ihre eigene veränderte Haltung gegenüber sozialen Medien reflektieren - ein Perspektivwechsel, der exemplarisch für einen breiteren gesellschaftlichen Trend stehen könnte. Die Ausführungen zu den Doge-Whistleblowern legen systematische Probleme bei der Umgestaltung von US-Behörden unter der neuen Trump-Administration offen. Die Hosts setzen diese Ereignisse in einen größeren Kontext von Sicherheitsbedenken und politischer Einflussnahme. Dabei fehlt jedoch eine tiefergehende Analyse der strukturellen Probleme des US-Verwaltungssystems. Die Diskussion über Plattformregulierung und nationale Gesetzgebungen zeigt ein spannendes Dilemma auf: Einerseits fordern westliche Demokratien von Plattformen die Einhaltung ihrer Gesetze, kritisieren aber gleichzeitig, wenn autoritäre Regime dieselben Mechanismen nutzen. Diese Ambivalenz wird zwar angesprochen, aber nicht vollständig aufgelöst. Die vorgestellten Metastudien zum Zusammenhang zwischen digitalen Medien und Polarisierung werden relativ unkritisch übernommen. Hier wäre eine differenziertere Betrachtung der Methodik und möglicher Gegenthesen hilfreich gewesen. Interessant ist die implizite Grundannahme der Hosts, dass die ursprüngliche Idee sozialer Medien - Menschen zu verbinden - durch Kommerzialisierung und Algorithmus-Optimierung pervertiert wurde. Diese kulturpessimistische Perspektive könnte durch Stimmen ergänzt werden, die auch positive Entwicklungen in der digitalen Vernetzung sehen. Der Podcast bietet wertvolle Einblicke in aktuelle digitalpolitische Entwicklungen und verbindet persönliche Erfahrungen mit gesellschaftspolitischer Analyse - besonders wertvoll für Zuhörer:innen, die sich für die Schnittstelle von Technologie, Politik und Gesellschaft interessieren.