Der Rest ist Geschichte: Geschichtsfälschungen - War Hitler links?
Der Geschichtspodcast widerlegt mit Fachbeiträgen die rechte Behauptung, Hitler sei ein Linker gewesen, und erklärt die Strategie hinter der Geschichtsrevision.
Der Rest ist Geschichte
57 min read2643 min audioDer Deutschlandfunk-Podcast „Der Rest ist Geschichte“ widmet sich in der Folge „Nein, war er nicht“ der rechten Falschbehauptung, Adolf Hitler sei ein „Linker“ gewesen. Moderator Jörg Biesler spricht mit den Historiker:innen Jakob Schergaud und Stephanie Schüler Springorum über die Genese, Strategie und Gefahren dieser Geschichtsfälschung. Sie zeigen auf, dass die These seit den 1970er-Jahren aus konservativen und rechtsextremen Kreisen kommt, um die eigene politische Seite zu entkriminalisieren („Wenn der Nationalsozialismus von der Linken kommt, ist die Rechte rehabilitiert“) und gleichzeitig aktuelle politische Gegner zu diskreditieren. Die Sprecher:innen rekonstruieren Hitlers tatsächliche Position gegenüber Linken („der Bolschewismus sei eine jüdische Verschwörung“), die Zerstörung der Gewerkschaften 1933 und die frühe Verbreitung des Mythus ab 2012 durch Erika Steinbach sowie aktuell durch Alice Weidel, Björn Höcke und US-Propagandist:innen wie Jonah Goldberg. Sie erklären, waruf der Begriff „Nationalsozialist“ ein bewusst gewählter Etikettenschwindel war, um Arbeiter:innen anzusprechen, ohne wirtschaftliche Macht zu tangieren. Weitere Revisionsthemen wie Holocaust-Leugnung, angebliche Kriegsschuld der Alliierten und die sogenannte Hufeisentheorie („Links- und Rechtsextrem seien gleich“) werden als zusammengehörige Strategien identifiziert, die durch soziale Medien ein jüngeres Publikum und durch gesellschaftlichen Rechtsruck breitere Gruppen erreichen. Die Expert:innen warnen vor einem „langsam wirkenden Gift“ der Wiederholung, das historisches Bewusstsein erodiert und lokale Erinnerungsarbeit bedroht.
## Einordnung
Die Sendung arbeitet konsequent wissenschaftsjournalistisch: Alle Behauptungen werden sofort mit Primärquellen oder Fachstimmen konterkariert, historische Kontexte bleibt klar erkennbar und politische Zuordnungen werden differenziert (z. B. Hinweis auf christlich-konservative Gleichheitswerte). Die argumentative Struktur folgt dem Muster „Mythos – Quellenlage – politische Funktion – gesellschaftliche Gefahr“, wodurch Zuhörer:innen ein klares Raster zum Selbst-prüfen erhalten. Die Perspektive bleibt dabei auf die Historiker:innen fixiert; AfD-Positionen werden ausschließlich als Ziel solcher Mythen referiert, nicht als gleichwertige Deutung. Auffällig ist die bewusste Auswahl der Interviewten: Es gibt keine Vertreter:innen der revisionistischen Szene, was einerseits deren Argumentationsstruktur nicht aufwertet, andererseits deren zentrale Behauptung – „Hitler war links“ – unausgeglichen im Raum stehen lässt. Die Folge setzt damit einen klaren wissenschaftlichen Rahmen, ohne Fake-Statements zu wiederholen, was redaktionell konsequent, aber diskursiv einschätzend bleibt. Für eine historisch aufklärende Öffentlichkeit liefert der Beitrag eine kompakte Waffe gegen Desinformation; wer sich fundiert mit Rechtspopulismus und Geschichtspolitik beschäftigen will, erhält hier eine klare Empfehlung.