Die Autoren Nick Hagar, Mandi Cai und Jeremy Gilbert vom Projekt "Generative AI in the Newsroom" kritisieren die Abhängigkeit von Redaktionen von unpassender Software. Sie argumentieren, dass teure Unternehmensplattformen und Cloud-Dienste nicht auf die spezifischen Bedürfnisse des Journalismus zugeschnitten sind. Ihr Gegenentwurf ist das "Tiny Tools"-Framework: kleine, fokussierte und interoperable Werkzeuge, die eine Aufgabe besonders gut erledigen und auf Open-Source-Prinzipien basieren. "Journalist:innen brauchen passgenaue Werkzeuge, die ihre Expertise erweitern; was sie bekommen, ist Software, die für alle außer sie entwickelt wurde." Das Framework fordert transparente Operationen und die Portabilität von Daten ohne Herstellerbindung. Anhand von Beispielen wie OpenRefine wird gezeigt, wie solche Werkzeuge Journalist:innen befähigen, anstatt sie in proprietäre Systeme einzusperren. Ein zentraler Punkt ist die Anwendung dieser Philosophie auf Künstliche Intelligenz. Statt auf allumfassende, cloudbasierte Chatbots zu setzen, plädieren die Autor:innen für den Einsatz kleiner, offener und lokal betriebener Sprachmodelle. Diese sollen spezifische, klar definierte Aufgaben übernehmen, wodurch ihre Funktionsweise kontrollierbar bleibt und die Datenhoheit gewahrt wird. Länge des Newsletters: 11749 ## Einordnung Der Text ist aus der Perspektive von technikaffinen Journalist:innen geschrieben und setzt eine hohe Digitalkompetenz voraus; die Hürden für weniger versierte Anwender:innen werden kaum thematisiert. Die zugrundeliegende Annahme ist, dass der Nutzen von Kontrolle und Transparenz den Mehraufwand für die Pflege eines solchen individuellen Werkzeugkastens überwiegt. Das Framework fördert eine Open-Source-Ethik und stellt sich klar gegen die Geschäftsmodelle von Big Tech, die auf Intransparenz und Kundenbindung abzielen. Das Narrativ "Befähigung versus Gefangenschaft" rahmt die Wahl von Software als Akt der technologischen Souveränität. Eine argumentative Schwäche liegt darin, den für die Implementierung nötigen Aufwand in ressourcenschwachen Redaktionen möglicherweise zu unterschätzen. Der Newsletter ist für alle Medienschaffenden lesenswert, die sich kritisch mit ihren digitalen Werkzeugen und dem Einsatz von KI auseinandersetzen. Er bietet einen inspirierenden Gegenentwurf zur Dominanz großer Plattformen und regt an, die Wahl der eigenen Software als strategische Entscheidung für mehr Unabhängigkeit zu begreifen.