phoenix runde - Podcast: Deutsche Autos abgehängt - Zurück zum Verbrenner?
Die Phoenix Runde ringt um die Zukunft der deutschen Autoindustrie – und bleibt ohne klare Richtung.
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60 min read2640 min audioDie Phoenix Runde diskutiert mit Tarek Al-Wazir (Grüne), Tilman Kuban (CDU), Katja Diehl (Mobilitätsexpertin) und Christoph Ahlhaus (mittelständische Wirtschaft) über die Zukunft der deutschen Automobilindustrie zwischen Klimazielen, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung. Zentrales Thema ist das von der EU beschlossene Verkaufsverbot für neue Verbrenner ab 2035, das in Deutschland weiter auf heftigen Widerstand stößt. Die Gäste streiten über die richtige Mischung aus Innovation, Technologieoffenheit und staatlicher Regulierung. Dabei geht es nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um Industriestandort, Arbeitsplätze und soziale Gerechtigkeit.
### 1. Die deutsche Autoindustrie leidet unter Standortnachteilen – nicht am Verbrenner-Aus
Tarek Al-Wazir betont, die Krise der Autoindustrie liege weniger am Aus für Verbrenner, sondern an verlorenen Märkten und fehlender Innovationskraft. „Volkswagen war Jahrzehntelang Nummer 1 in China, inzwischen unter ferner liefen, weil sie nicht genügend konkurrenzfähige Elektroautos haben.“
### 2. Technologieoffenheit vs. Verbotskultur
Tilman Kuban lehnt feste Verbote ab und fordert Technologieoffenheit: „Es wird nicht mehr diese Verbotsregulatorik geben… Die meisten Menschen werden elektrisch fahren, aber wir müssen Freiheit lassen.“ Range-Extender und Hybriden seien Teil der Lösung.
### 3. Soziale Gerechtigkeit und bezahlbare Mobilität
Katja Diehl mahnt, dass sich viele Menschen Elektroautos nicht leisten können: „Der durchschnittliche Neuwagen kostet 44.000 €. Wer kann sich das heute noch leisten?“ Sie fordert soziale Leasing-Modelle und bessere Rahmenbedingungen statt ideologischer Debatten.
### 4. Standortwettbewerb und Arbeitsplätze
Christoph Ahlhaus warnt vor weiteren Standortnachteilen: „Ohne Auto hätten wir eine andere Wirtschaftslandschaft.“ Hohe Lohn- und Energiekosten sowie bürokratische Hemmnisse gefährden Wettbewerbsfähigkeit und damit sozialen Frieden.
### 5. Emissionshandel und neue Belastungen
Katja Diehl weist auf kommende Mehrkosten für Verbrenner-Fahrer hin: „Bis zu 19 Cent pro Liter mehr durch den Emissionshandel ab 2027 – das schießt vielen Menschen mit mehreren 100 € ins Konto."
### 6. Batterieproduktion und Rohstoffabhängigkeit
Tilman Kuban kritisiert die Importabhängigkeit: „70 % der Batterien kommen aus China, auch die Rohstoffe und Vorstufen.“ Ohne heimische Produktion bleibe Deutschland abhängig und verwundbar.
## Einordnung
Die Diskussion zeigt eine Bundesrepublik, die zwischen Klimarealistinnen wie Diehl und marktliberalen Technologiepluralist:innen wie Kuban oder Ahlhaus zerstritten ist. Alle Beteiligten teilen die Diagnose, dass die deutsche Automobilindustrie vor gewaltigen Herausforderungen steht – doch die Mittel, mit denen sie bewältigt werden sollen, klaffen weit auseinander. Besonders auffällig: Die Argumentation der CDU-Seite bleibt weitgehend ideologiefrei, aber sie umgeht die wissenschaftlich evidente Notwendigkeit eines schnellen Ausstiegs aus fossilen Antrieben. Stattdessen wird auf „Technologieoffenheit“, „Freiheit“ und „Bürger:innennähe“ gesetzt – ein diskursives Kalkül, das die Verantwortung für ambitionierte Klimapolitik auf unbestimmte Zukunft verschiebt. Gleichzeitig gelingt es keinem der Diskutant:innen, eine überzeugende Strategie für sozialverträgliche Transformation zu präsentieren. Die Folge: ein Ringen um Deutungshoheit, das vor allem eins transportiert – Unsicherheit. Für Zuhörer:innen ist die Sendung deshalb kein Orientierungs- sondern ein Warnsignal: Ohne klare, gesellschaftlich abgestützte Ziele und massive Investitionen in Infrastruktur, Preissenkungen und Arbeitspläne bleibt die Mobilitätswende ein Wunschkonzert.
Hörwarnung: Wer hier Orientierung für die Frage sucht, wie Deutschland Klimaschutz, Industriestandort und soziale Gerechtigkeit unter einen Hut bringt, wird mit heißer Luft statt konkreter Politik enttäuscht.