In der Episode "Perfektionismus und die dunkle Seite des Strebens nach Exzellenz" von Hidden Brain diskutieren Shankar Vedantam und die Soziologin Allison Pugh über "connective labor" – die Arbeit des wirklichen menschlichen Zusammenkommens. Pugh erklärt, dass digitale Kommunikation wie Zoom-Therapie zwar funktioniere, aber völlig erschöpfend sei: "It's completely exhausting". Sie warnt, dass KI-gestützte Therapie zwar das Gefühl von "being seen" erzeuge, doch weil keine echte menschliche Beziehung bestehe, sei die Motivation geringer und der Abbruch schneller. Ein zentrales Problem sei die drohende Klassentrennung: "Rich people will get artisanal connective labor from a human being. And poor people will be the ones getting theirs from a bot." Pugh betont, dass echtes menschliches Miteinander nicht nur individuelles Wohlbefinden, sondern auch gesellschaftlichen Zusammenhalt stifte – und dass die Abkehr davon "at our peril" geschehe. ### 1. Zoom-Therapie als Ersatz sei energetisch extrem belastend Pugh berichtet von Therapeut:innen, die seit der Pandemie fast nur noch online arbeiten: "They say you can see the other over Zoom... but it's completely exhausting." Die fehlende Körpersprache und der Verlust non-verbaler Kommunikation machten die Arbeit anstrengender. ### 2. KI-Therapie erzeuge Schein-Verbindung ohne echte Bindung Obwohl Menschen mit ChatGPT "I feel like I'm being seen" empfinden, sei es keine echte Interaktion: "There's actually no risk of judgment" – was zwar Scham reduziere, aber auch die Motivation mindere, weil keine echte menschliche Beziehung entstehe. ### 3. Drohende Zwei-Klassen-Gesellschaft in psychologischer Versorgung Pugh formuliert eine scharfe Klassenkritik: "Rich people will get artisanal connective labor from a human being. And poor people will be the ones getting theirs from a bot." Die Frage "Would you choose it for yourself?" entlarve die angebliche "besser als nichts"-Logik. ### 4. Menschliche Verbindung als Grundlage demokratischen Zusammenhalts Die Soziologin macht einen gesellschaftspolitischen Zusammenhang: "Some of the populist rage... is stemming from people feeling unseen." Echte zwischenmenschliche Anerkennung schaffe nicht nur individuelles Wohlbefinden, sondern demokratischen Zusammenhalt. ### 5. Die Kunst des wirklichen Zuhörens als Kernkompetenz Pugh beschreibt ihre Methode: "I'm trying to hear how she feels about the facts of the case. And then I'm trying to rephrase it." Dieses "naming what is unnamed" schaffe echte Erkenntnismomente und emotionale Entlastung. ## Einordnung Hidden Brain präsentiert sich als wissenschaftlicher Podcast, bleibt aber in dieser Folge weitgehend auf der Ebene persönlicher Erfahrungen und allgemeiner Beobachtungen. Die Expertise von Allison Pugh wird zwar prominent platziert, doch fehlen tiefere Auseinandersetzungen mit empirischen Studien oder gegenteiligen Positionen. Die Kritik an digitaler Kommunikation und KI-Therapie bleibt einseitig – weder Vertreter:innen digitaler Therapieansätze noch Menschen mit positiven Erfahrungen kommen zu Wort. Besonders bemerkenswert ist die klare Klassenanalyse, die die Gefahr sozialer Ungleichheit in der psychologischen Versorgung benennt. Die argumentative Struktur folgt einem einfachen Muster: digitale Lösungen werden pauschal als minderwertig dargestellt, ohne die Komplexität des Themas auszuloten. Die persönlichen Erfahrungen der Expertin dominieren die Diskussion, während systemische Lösungsansätze oder differenzierte Betrachtungen fehlen.