Im norwegischen Aftenposten-Podcast "Ekstra Lars" spricht Soziologe Willy Pedersen über die gesellschaftliche Rolle von Alkohol und anderen Drogen. Pedersen behauptet, moderater Alkoholkonsum in der Spätteenphase führe zu besseren Bildungs- und Einkommenschancen, da er soziale Netzwerke erleichtere. Er erzählt von fünf Typen "Drinking Stories", etwa Sex-Erlebnisse, Unfälle oder Grenzüberschreitungen, die Gruppenzugehörigkeit vermitteln. Kokain sei in Oslos wohlhabenden Kreisen weit verbreitet und Teil einer "heroischen Männlichkeit"; 26 von 30 Schülern einer russischen Bus-Gruppe konsumierten Kokain. Pedersen fordert eine nüchterne Debatte über Risiken und Nutzen von Rauschmitteln. ### 1. Alkohol wirke wie ein „soziales Schmiermittel“: Mens Jugendliche mit frühem Konsum laut Pedersen oft aussortiert würden, profitierten jene, die ab 17/18 regelmäßig trinken. Langzeitdaten zeigten höhere Bildung, bessere Jobs und geringere Sozialhilfequote. Die Wirkung entstehe durch integrierte Netzwerke: „Es ist so, dass die am meisten Trinkenden oft Hochschulbildung haben“. ### 2. „Trinkgeschichten“ erzeugen Gruppenidentität: In Interviews mit 104 jungen Erwachsenen fanden Pedersen fünf wiederkehrende Erzählmuster. Beispiel: „Sex im Rausch, Unfälle, Erbrechen und Urin, Norm- und Gesetzesbruch, Streiche“. Die Geschichten signalieren Verletzlichkeit und schweißen zusammen, etwa wenn jemand „auf der Alm zu tief ins Glas schaut“. ### 3. Kokain als Statussymbol in Oslo-West: Kokain sei in Nobelvierteln salonfähig, meist kombiniert mit Alkohol. „Exit"-Serien zeige eine „Highbrow-Kokainkultur“; 26 von 30 russischen Bus-Schülern nutzten Kokain und definierten das Ende der „Skisaison“ als späten Entzugstermin. Pedersen spricht von „heroischer Maskulinität“ und eines teuren Images, das Jugendliche mit „Pennäler-Prestige“ verbinde. ### 4. Geschlechterungleichgewicht: Männer trinken mehr, doch bei den unter 20-Jährigen trinken Mädchen häufiger bis zur Besinnungslosigkeit. In der russischen Bus-Kultur falle „Slut-Shaming“ leicht – Jungen genießen ein „Player-Image“, Mädchen erhalten den Stempel „etwas lockerer verschnürt“. ### 5. Alkohol-Paradox: Reiche trinken mehr, Arme leiden stärker. Mens gutverdienende Norweger größere Mengen konsumieren, hätten einkommensschwache Gruppen höhere Raten an Krankheit, Arbeitsunfähigkeit und Unfällen. Dieses „Alkohol-Schaden-Paradox“ sei erst seit zehn Jahren erforscht. ## Einordnung Die Sendung wirkt wie ein gemächliches Gespräch unter Freunden: Offensichtlich ist sie als Unterhaltungsformat konzipiert, nicht als investigativer Journalismus. Moderator Lars Glomnes überlässt Pedersen weitgehend das Feld, kritische Nachfragen fehlen. So bleibt ungeprüft, ob die Korrelation zwischen Alkohol und sozialem Aufstieg tatsächlich Kausalität darstellt; die Möglichkeit, dass sozial erfolgreiche Gruppen einfach mehr trinken, wird nur beiläufig erwähnt. Auch die problematische Rolle von Kokain als „männliches Statussymbol“ wird beschrieben, aber nicht hinterfragt. Gleichzeitig marginalisiert das Format nüchterne Lebensstile: Wer nicht trinke, gelte als „merkwürdig“, heißt es lapidar. Dass Alkohol auch zu sexualisierter Gewalt oder sozialem Ausschluss führen kann, bleibt unterbelichtet. Positiv: Pedersen spricht sich gegen eine weitere Liberalisierung der Alkoholpolitik aus und betont die Gefahren. Doch insgesamt dominiert eine Rhetorik des „nett Trinkens“; alternative Drogenkulturen oder kritische Stimmen etwa von Betroffenen mit Suchterfahrung fehlen. Der Podcast reproduziert damit eine gesellschaftliche Norm, die Alkohol als unverzichtbares Sozialkapital naturalisiert – ohne die Frage zu stellen, ob dies wirklich alternativlos ist.