Der SRF-Podcast "Input" begleitet Moderatorin Elma Softic auf Spurensuche: Wie erleben Frauen die Schweizer Armee, die sich freiwillig melden? Hauptprotagonistin ist Leutnant Georgina Mermod (22), Quartiermeisterin im Wiederholungskurs St. Gallen. Sie kommandiert ein rein männliches Team, spürt pausenlos, dass "Frauen keinen Platz" haben, und bekommt auf Social Media Kommentare wie "Frauen gehn nur fürs Sex ins Militär". Die Sozialwissenschaftlerin Stéphanie Monay erklärt, warum 84 % der Stimmbevölkerung gegen eine Dienstpflicht für Frauen stimmten: Die Institution sei "von Männern für Männer" gebaut, Frauen würden als „Ergänzung“ wahrgenommen. Eine interne VBS-Studie bestätigt: 94 % der Soldatinnen erleben sexualisierte Gewalt, fast jede zweite wird belästigt. Lisa (Name geändert) erzählt anonym, wie ihr Vorgesetzter sie während der Offiziersanwärter-Ausbildung mit „Prinzessin“-Nachrichten und Umarmungswünschen bedrängte; nach ihrer Meldung sei nichts geschehen, sie fühlte sich "unterdekoriert" und fürchtet, andere Frauen würden deshalb schweigen. Beim Frauen-Orientierungstag in Aarau erleben sich drei Jugendliche und hören von Hauptmann Johanna Huggler, dass „120 %“ Leistung von ihnen erwartet würden, weil sie in der Minderheit seien. Die Ausrüstung ist weiterhin auf Männerkörper zugeschnitten; es gibt weder durchgehende Unisex-Uniformen noch gegenderte Dienstgrade. Die Armee pflegt offiziell eine Null-Toleranz-Politik, doch interne Konsequenzen bleiben aus. Softic’ Fazit: Die Armee will mehr Frauen, ist aber strukturell, kulturell und praktisch nicht bereit für sie. ### 1. 94 % der Soldatinnen erleben sexualisierte Gewalt Laut einer VBS-internen Studie hätten 94 % der befragten Frauen "sexualisierte Gewalt" erlebt, jede zweite meldet Belästigung. Lisa schildert, wie ein Vorgesetzter ihr schrieb: "Guten Morgen, meine Liebe. Ich bringe dir Gipfel zum. Ich möchte dich gern umarmen." Nach ihrer Meldung sei nichts geschehen, sie fühlte sich "unterdekoriert". ### 2. Infrastruktur und Uniform sind auf Männer zugeschnitten Frauen bekommen "Hodenschutz" ausgeteilt, obwohl sie ihn nicht brauchen, und müssen zu weite Uniformen tragen. Es gebe zwar "Unisex"-Versuche, doch Schutzwesten drückten am Brustkorb, heißt es in der Episode. Die Forscherin Monay konstatiere, "Gebäude, Schlafräume, Sanitäranlagen" seien weiterhin "nicht an die Bedürfnisse von Frauen angepasst". ### 3. Soziale Ablehnung und Online-Frauenfeindlichkeit Georgina Mermod berichtet, nur etwa 8 % der Reaktionen auf ihre Social-Media-Beiträge seien positiv; der Rest laute: "Frauen gönnt nur für den Sex im Militär". Dieses "falsche Bild" werde durch antifeministische Online-Communities verstärkt, die auch die Podcast-Serie "Alpha Boys" untersucht habe. ### 4. Politische Realität: Dienstpflicht für Frauen abgelehnt Die Service-Initiative zur Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für Frauen war laut Moderation mit 84 % "krachend" gescheitert. Monay erklärt, die meisten Parteien hätten nicht hinter dem Vorstoß gestanden, weil das Militär "für Männer geschaffen" sei und Frauen gesellschaftlich weiter mit Care-Arbeit assoziiert würden. ### 5. Führung erwartet von Frauen "120 %" Leistung Auf dem Frauen-Orientierungstag erklärt Hauptmann Johanna Huggler den Teenagerinnen: „Ihr werdet nicht 100 % müssen gehen, sondern 120 Minimum“, weil ihnen als Minderheit mehr abverlangt werde. Diese Erwartung stände im Widerspruch zur fehlenden Unterstützung und sei ein zentraler Grund, warum Frauen abgeschreckt würden. ## Einordnung Der Beitrag arbeitet sich sorgfältig durch ein komplexes Machtgefüge: Er zeigt, dass formelle Öffnung (Orientierungstage, Frauenförderung) mit informeller Ausgrenzung kollidiert – Ausrüstungsmängel, sexualisierte Gewalt und das Sozial-Media-Milieus, das Frauen als „Eindringlinge“ diffamiert. Besonders hörbar wird die Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität durch das gelebte Beispiel von Georgina Mermod, die sich trotz Erfolgswillen permanent rechtfertigen muss. Die Journalistik bleibt auf Augenhöhe: Softic hinterfragt nicht nur offizielle PR, sondern lässt Betroffene ausführlich zu Wort, zitiert belastbare Studien und stützt sich auf externe Recherchen („Alpha Boys“). Kritisch bleibt, dass höhere militärische Instanzen (VBS-Chef Martin Pfister) sich nicht äußern; dadurch bleibt die Verantwortung der Institution diffus. Der Podcast verzichtet auf polemische Effekte, lässt aber die Fakten selbst sprechen – und spiegelt so, wie Machtstrukturen reproduziert werden, ohne sie explizit zu benennen. Die Folge liefert keine Lösungsrezepte, macht aber deutlich, dass strukturelle Anpassungen (Unisex-Ausrüstung, konsequente Sanktionen, Gender-Sensibilisierung) unverzichtbar sind, wenn Gleichstellung mehr als ein PR-Slogan bleiben soll.