Der SRF-Podcast «Input» begibt sich mit Host Beatrice Gmünder auf Spurensuche nach dem Wert von Handwerksberufen in einer digitalisierten Schweiz. Sie besucht Kaminfeger Jan, Gärtner Beni, Zimmermann Hansueli und Fleischfachfrau Nadja, die mit sichtbarer Freude von ihrer Arbeit erzählen. Hansueli sagt: «Ich habe den schönsten Beruf der Welt», Nadja ergänzt: «Ich sehe jeden Tag, wie ich Kunden glücklich mache». Der Berufspädagoge Markus Maurer erklärt, warum Dienstleistungsberufe wachsen, während Handwerksberufe an Relevanz verlieren. Die Handwerker:innen klagen über fehlenden Nachwuchs, prekäre Bezahlung und sinkende Wertschätzung. Gleichzeitig beschwören sie die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit: «Mir münd nöd viel Geld ha, mir münd derfüe Altag ha», sagt Hansueli. Die Reportage zeigt, wie Handwerk mehr ist als nur Arbeit – es ist Lebensfreude und Identität. ### Handwerksberufe verlieren an gesellschaftlichem Stellenwert Trotz guter Ausbildungsmöglichkeiten und sicherer Jobs verlieren Handwerksberufe an gesellschaftlichem Stellenwert. Der Gärtner Beni beobachtet: «Die Akzeptanz ist rückläufig, alle wollen Deals und Trinkgeld gibt's kaum noch». Die Handwerker:innen fühlen sich gegenüber akademischen Berufen benachteiligt. ### Fachkräftemangel wird zur existenziellen Bedrohung Der Zimmermann Hansueli berichtet von dramatischem Nachwuchsproblem: «Wir haben keine Lehrbuben, keine Lehrmeister». Junge Leute würden sich nicht mehr für Handwerksberufe interessieren, stattdessen wollten sie «viel Geld machen ohne zu schaffen». ### Handwerk bietet sichtbare Erfolgserlebnisse und Kundenkontakt Die Fleischfachfrau Nadja schätzt die unmittelbare Wirkung ihrer Arbeit: «Ich produziere etwas, ich verkaufe es am Chund und ich gsee Freud vom Chund und das isch unbezahlbar». Diese direkte Rückmeldung fehlt in vielen Bürojobs. ### Digitale Welt verändert Anforderungen an Berufsbilder Der Berufspädagoge Markus Maurer erklärt, wie sich Berufsbilder verändern: «Wir sehen das Produkt nicht mehr so eindeutig vor uns und manchmal ist es gar nicht so einfach zu erklären, was man überhaupt macht». Dies betrifft vor allem Dienstleistungsberufe. ### Handwerker:innen fordern mehr gesellschaftliche Anerkennung Die Handwerker:innen wünschen sich mehr Wertschätzung für ihre Arbeit. Hansueli fordert: «Wir müssen uns anders vor uns selber abheben, dann können die bestehen». Sie sehen sich als Hüter von Tradition und Qualität. ## Einordnung Die Episode zeigt eindrucksvoll die Diskrepanz zwischen der Leidenschaft der Handwerker:innen für ihre Arbeit und der gesellschaftlichen Abwertung ihrer Berufe. Die Redaktion gelingt eine sensible Annäherung an ein Thema, das oft in Klischees verharrt. Besonders bemerkenswert ist die Selbstwirksamkeit, mit der die Handwerker:innen von ihrer Arbeit berichten – ohne romantische Verklärung, aber mit stolzer Identifikation. Die journalistische Leistung liegt darin, die komplexen Gründe für den Fachkräftemangel nicht einfach auf «faule Jugendliche» zu schieben, sondern strukturelle Probleme wie schlechte Bezahlung und fehlende Aufstiegsmöglichkeiten zu benennen. Der Podcast vermeidet es gekonnt, in Ostalgie zu verfallen und zeigt stattdessen: Handwerk ist zeitgemäß, aber strukturell benachteiligt. Die Erzählweise überzeugt durch persönliche Begegnungen statt abstrakter Statistiken. Die Handwerker:innen kommen selbst zu Wort und erzählen authentisch von ihren Alltagserfahrungen. Diese narrative Strategie ermöglicht eine emotional wie rational überzeugende Reportage über eine Berufsgruppe, die zu Unrecht am Rande der Gesellschaft steht.