RAT.HUB | Dein Startup Podcast: S3 Ep9: Kai Gniffke | Intendant des SWR
SWR-Chef Gniffke über Glaubwürdigkeit als zentrale Herausforderung, Tech-Monopole und Reformzwang im ÖRR.
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45 min read2886 min audioKai Gniffke, Intendant des SWR und ehemaliger ARD-Vorsitzende, spricht im Podcast RAT.HUB über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Er betont, dass Vertrauen und Glaubwürdigkeit die zentrale Herausforderung für unabhängigen Journalismus seien – unabhängig von Finanzierungsfragen. Die Macht der Tech-Plattformen sieht er als zentrales Problem: „Wir haben keinen Markt mehr, wir haben im besten Fall Oligopole.“ Als Lösung plädiert er für eine gemeinsame technische Plattform aller deutschen Qualitätsmedien mit transparenten Algorithmen. Gniffke kritisiert zudem eine zu negative Berichterstattung („wir suchen immer das Haar in der Suppe“) und fordert mehr Fokus auf Fakten statt auf Koalitionsstreit. Innovation im ÖRR sei nur durch Abbau von Altlasten möglich: „Innovation geht nur, indem ich mich von altem trenne.“ Auch die Finanzierung durch die GEZ sei nur bei Einhaltung des Verfahrens durch die KEF gesichert – daher habe die ARD gegen die Blockade einzelner Länder Verfassungsbeschwerde eingereicht.
### KI und Zukunftsfähigkeit
Gniffke sieht KI als zentrale Chance: „Wir haben 26 Planstellen nur fürs Thema KI im SWR.“ KI werde bereits für Verwaltung, Wetter- und Verkehrsmeldungen genutzt; künftig auch für Inhaltsfilterung und automatisierte Beiträge. Wichtig sei ein verantwortungsvoller Umgang mit Chancen statt einseitiger Fokus auf Risiken.
### Strukturreform im ÖRR
Er befürwortet Zentralisierung von Kompetenzzentren (z. B. Gesundheit) und gemeinsame technische Einheiten. Regionalität bleibe gewahrt, da „Arthrose in Flensburg genauso unangenehm ist wie in Garmisch“. Doppelstrukturen seien ineffizient und blockierten Ressourcen für neue Formate.
### Finanzierung und Unabhängigkeit
Die Finanzierung durch die GEZ sei nur gesichert, wenn alle Länder dem von der KEF ermittelten Bedarf zustimmen. Die Blockade einzelner Länder gegen die empfohlene Beitragserhöhung um 58 Cent habe dazu geführt, dass die ARD Verfassungsbeschwerde einlegte. Gniffke: „Wir tragen Verantwortung über die nächsten vier Jahre hinaus.“
### Fehlende Perspektiven
Trotz vielfältiger Themen fehlen radikale Kritikperspektiven an den bestehenden Machtverhältnissen. Weder die strukturelle Begünstigung von Monopolen durch Kapitalismus noch die Frage, ob die Gebührenfinanzierung langfristig tragfähig ist, werden hinterfragt. Stattdessen wird die EU als möglicher Regulierer glorifiziert, ohne deren eigene demokratische Defizite zu thematisieren.
### Rhetorische Strategien
Gniffke nutzt betont sachliche und besonnene Rhetorik, um Reformen als alternativlos zu legitimieren. Kritik wird durch Verweis auf Verfahren und Expertise abgewürgt: „Die KEF hat das geprüft, da kann man nichts machen.“ Diese Autoritätsargumentation entlarvt sich als Selbstabschaffung politischer Gestaltungsmöglichkeiten.
## Einordnung
Der Podcast folgt einem klassischen Interviewformat mit klarem Fokus auf Managementperspektive statt kritischem Journalismus. Linda Rath übernimmt dabei die Rolle einer Gesprächsaufzeichnung, nicht die eines kritischen Nachfragers. Die Diskussion bleibt auf Ebene von Effizienz, Technologie und Strukturreformen, ohne die grundlegenden Machtverhältnisse zu hinterfragen. Die These, dass nur eine gemeinsame Plattform deutscher Medien die Tech-Monopole brechen könne, wird als Selbstverständlichkeit präsentiert – Alternativen wie nicht-kommerzielle, dezentralisierte Infrastrukturen oder Commons-basierte Ansätze werden nicht erwähnt. Besonders auffällig ist die Normalisierung von Stellenabbau und Programmabbau als notwendige „Innovation“. Die These, man müsse Altlasten streichen, um Jungformate zu ermöglichen, wird nicht hinterfragt – weder nach tatsächlichem Nutzen für die Zielgruppen noch nach dem sozialen Preis für die betroffenen Mitarbeitenden. Die Kritik an „kritisierendem Journalismus“ klingt nach Selbstschutz: Kritik wird als systemgefährdendes Übel konstruiert, statt als demokratische Ressource. Insgesamt bestätigt sich hier der Eindruck eines medialen Managementdiskurses, der bestehende Machtverhältnisse reproduziert und Reformen als alternativlos präsentiert.
Hörempfehlung: Wer die aktuellen Reformpläne im ÖRR aus Managementsicht verstehen will, erhält hier tiefere Einblicke. Für eine kritische Auseinandersetzung mit Medienkonzentration, Tech-Macht oder Demokratisierung von Medien ist diese Folge aber nicht der richtige Ort.