The Rest Is Politics: 452. Question Time: America’s New Martyr and Westminster’s Hidden Spies
Die britischen Ex-Politiker analysieren, wie rechte Bewegungen in den USA und Großbritannien Trauerfeiern zu nationalistischen Aufmärschen umbauen und warum liberale Demokratien diesen Strategien mit besseren Gesetzen und Aufklärung begegnen müssen.
The Rest Is Politics
59 min read2690 min audioAlastair Campbell und Rory Stewart diskutieren im "Question Time"-Format über die politische Instrumentalisierung von Charlie Kirks Tod, die Gefahren des christlichen Nationalismus in den USA und Großbritannien, die Implikationen gescheiterter Spionageprozesse gegen mutmaßliche chinesische Agenten sowie russische Einflussoperationen in Moldawien. Campbell wirft dem Trump-Lager vor, die Trauerfeier zu einer nationalistischen Kundgebung umzufunktionieren; beide sehen darin Parallelen zu NS-Propaganda. Sie warnen vor einer zunehmenden Allianz zwischen rechten Politikern und fundamentalistischen Christen, die Menschenrechte und religiöse Toleranz untergraben. Die gescheiterte Anklage gegen zwei mutmaßliche chinesische Spione wird als Beleg für unzureichende Gesetze und mangelnde Parlamentsaufklärung gewertet. Schließlich skizzieren sie, wie Russland in Moldawien durch Geld, Cyberattacken und Desinformation die pro-europäische Präsidentin Maya Sandu schwächen will, um die EU-Erweiterung zu blockieren.
### 1. Charlie Kirks Tod als „Reichstagsmoment“ für die US-Far Right
Campbell und Stewart betrachten die Gedenkveranstaltung nicht als Beerdigung, sondern als politischen Aufmarsch. Stewart sagt: „It wasn't a memorial, it was a rally… they were ready for this, it was to weaponize it.“ Stephen Millers Rede, in der er weiße US-Amerikaner als Erben von „Athens, Rome and Monticello“ feiert, werten sie als ethnic nationalism.
### 2. Christlicher Nationalismus vereint US- und UK-Rechte
Die Moderatoren zeigen, wie britische Medienmogule wie Paul Marshall (GB News, Spectator) und Politiker wie Danny Kruger gemeinsame Sache mit US-Christenrechten machen. Campbell zitiert Krüger: „MPs had to back a revival of the faith, a recovery of Christian politics, a refounding of the nation. Christian should destroy… banish from public life a woke modern creed.“
### 3. Gescheiterter Spionageprozess offenbart britische Schwäche
Der Fall gegen Christopher Cash und Christopher Berry wurde eingestellt, weil der Official Secrets Act nach Ansicht der Moderatoren veraltet ist. Gordon Corera erklärt, das neue National Security Act senke zwar die Beweislast, doch Campbell befürchtet: „Parliament has to do more to protect itself… this sends a very, very bad signal.“
### 4. Russland setzt auf Chaos-Strategie in Moldawien
Rory Stewart beschreibt, wie Moskau über die Agentur „Dialogue“ Millionenrubel, Cyberattacken und Desinformation einsetzt, um die pro-europäische Präsidentin Sandu zu schwächen: „Russia is absolutely determined to take away her majority in Parliament… chaos is good.“
### 5. Westlicher Rückzug lässt neue Atom-Allianzen entstehen
Die Ankündigung eines saudisch-pakistanischen Verteidigungsbündnisses werten die Gastgeber als Reaktion auf wankende US-Garantien. Stewart: „As America gives up on the United Nations… countries will begin to look after themselves… we are in something that feels… like a pre-First World War movement.“
## Einordnung
Die Folge zeigt ein professionelles journalistisches Format, das komplexe geopolitische Zusammenhänge in unterhaltsamer Form vermittelt. Campbell und Stewart belegen ihre Thesen mit konkreten Belegen – etwa Zitaten von Stephen Miller oder Gesetzesparagraphen – und schaffen so Transparenz. Besonders wertvoll ist die systematische Einbettung lokaler Ereignisse (Moldawien, UK-Spionagefall) in globale Muster westlicher Schwäche und autoritärer Offensiven. Gleichwohl bleiben einige Einschätzungen unkritisch überprüft: Die These eines geplanten „Reichstagsmoments“ beruht auf Analogien, nicht auf neuen Beweisen; die Behauptung, GB News besitze großen Einfluss auf die britische Politik, wird mit nur einer Quelle (ehemaliger Mitarbeiter) gestützt. Die Moderatoren vermeiden jedoch Übertreibung, indem sie stets betonen, dass es sich um Interpretationen handelt. Insgesamt bietet der Podcast eine souveräne, differenzierte Analyse, die ohne Polemik vor dem Rechtsruck in USA und UK warnt und dazu anregt, demokratische Institutionen zu stärken.