Paul Ronzheimer spricht mit der FAZ-Frankreich-Korrespondentin Michaela Wiegel über die französische Regierungskrise: Premierminister François Bayrou ist nach nur 92 Tagen durch eine Vertrauensabstimmung gescheitert, weil er ohne ausgehandelte Mehrheit einen Sparkurs erzwingen wollte. Frankreichs Schuldenstand liegt bei 114 % des BIP; seit 1974 gab es keinen ausgeglichenen Haushalt. Macron hat seit 2022 bereits fünf Premierminister:innen ernannt, nachdem er die Nationalversammlung aufgelöst und seine Mehrheit verspielt hat. Die strukturelle Krise dürfte bis 2027 anhalten. Die Rechtspopulisten um Marine Le Pen profitieren von der Instabilität; ihr Berufungsverfahren findet im Januar 2026 statt, eine Kandidatur bleibt offen. Jordan Bardella bereitet sich als Alternative innerhalb der Partei auf ein mögliches Rennen vor. Es fehlt eine klar designierte Nachfolge Macrons im bürgerlichen Lager; mögliche Kandidaten:innen sind Eduard Philippe oder Parlamentspräsidentin Yaël Braun-Pivet. Die Debatte wird von Wirtschaftsängsten und dem Wunsch nach politischer Erneuerung geprägt. ### Frankreichs Schulden seien mit "einer Militärmacht" vergleichbar Bayrou habe im Parlament erklärt, "sich den Schulden zu unterwerfen ist wie sich einer Militärmacht zu unterwerfen", um die Dringlichkeit seines Sparvorhabens zu betonen. ### Die französische Frührente koste den Staat Milliarden Französische Arbeitnehmer:innen gingen mit 64 Jahren in Rente, Deutsche mit 67; dazu kämen höhere Arbeitslosengelder und eine umfassendere medizinische Grundversorgung für Geflüchtete. ### Macron habe Bayrou gezielt fallen lassen Wiegel deutet an, Macron habe Bayrou durch ein Interview bei Paris Match noch gepusht, bevor er ihn scheitern ließ; die Idee eines "selbstlosen Kompromissfinders" als neuer Premier kursiere. ### Die extreme Rechte habe den Diskurs bereits gewonnen Selbst der scheidende Premier kündigte an, die medizinische Grundversorgung für Migranten zu kürzen – eine alte Forderung der Rechtspopulisten, die nun "durch alle bürgerlichen Parteien" durchdringe. ### Ein Macron-Merz-Vergleich zeige Außenpolitik als Flucht nach vorn Beide Präsidenten würden sich in ihrer internationalen Rolle gefallen, während innenpolitisch kaum Fortschritte gelingen; Macron nutze Außenauftritte, um sich von Haushaltsblockaden abzulenken. ### Frankreich brauche deutschen Druck, um zu sparen Wiegel fordert hinter vorgehaltener Hand, Berlin solle Paris deutlich machen, dass "es europäisch nicht so weitermachen kann", ohne jedoch die neue deutsch-französische Freundschaft zu gefährden.