Unexplainable: Does Tylenol cause autism?
Die Podcast-Episode entlarvt die Behauptung, Paracetamol verursache Autismus, als wissenschaftlich nicht haltbar.
Unexplainable
1616 min audioDer Podcast "Unexplainable" präsentiert in der Folge "Does Tylenol Cause Autism?" eine tiefgreifende wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Schmerzmittel Paracetamol (Tylenol) Autismus verursacht. Moderator Noam Hassenfeld übernimmt dabei eine Episode des Podcasts "Science Vs", in der Meryl Horn und Rose Rimler die wissenschaftliche Evidenzlage systematisch durchleuchten. Als Hauptgesprächspartner fungiert der Epidemiologe Brian Lee von der Drexel University, der eine große schwedische Datenauswertung mit 2,5 Millionen Kindern vorstellt.
### Erste Hinweise auf mögliche Zusammenhänge
Bereits vor über zehn Jahren gabe es erste Studien, die Paracetamol während der Schwangerschaft mit Entwicklungsstörungen in Verbindung brächten. Die Forscher:innen stellten fest, dass das Mittel möglicherweise als Hormonstörer wirke und mit unterschiedlichen gesundheitlichen Problemen in Zusammenhang stehe. Diese frühen Erkenntnisse führten zu Untersuchungen über mögliche Zusammenhänge mit Autismus und ADHS.
### Die 2021er Konsensus-Erklärung als Wendepunkt
Eine Gruppe von Forscher:innen veröffentlichte 2021 in einem Nature-Journal eine sogenannte "Konsensus-Erklärung", in der sie vor dem Gebrauch von Paracetamol während der Schwangerschaft warnten. Diese Erklärung habe der Debatte eine neue Autorität verliehen, obwohl viele Wissenschaftler:innen die Evidenz als "schwach" und "methodisch unzureichend" kritisierten.
### Die schwedische Großstudie als Gamechanger
Brian Lees Team nutzte schwedische Gesundheitsdaten, um Geschwister zu vergleichen - bei einer Schwangerschaft nahm die Mutter Paracetamol, bei der anderen nicht. Nachdem sie für Faktoren wie das Alter der Mutter und genetische Vorbelastungen kontrolliert hatten, fanden sie keinerlei erhöhtes Risiko für Autismus oder ADHS mehr. Die anfänglich festgestellte 20-30%ige Risikoerhöhung schrumpfte auf 5% und verschwand bei der Geschwisteranalyse vollständig.
### Die Erklärung für die scheinbaren Zusammenhänge
Die Forscher:innen vermuten, dass die beobachteten Zusammenhänge durch sogenannte "Confounding Factors" erklärt werden können. Eltern von autistischen Kindern sind häufiger selbst auf dem Spektrum und erleben demzufolge möglicherweise mehr Schmerzen oder Migräne - und nehmen daher häufiger Paracetamol ein.
## Einordnung
Die Episode zeigt beispielhaft, wie komplex wissenschaftliche Evidenzbildung funktioniert und warnt vor voreiligen Schlüssen aus Korrelationsstudien. Die Journalist:innen arbeiten äußerst gründlich und präsentieren verschiedene Perspektiven - von den frühen Warnstudien bis zur aktuellen Evidenz. Besonders gelungen ist die Erklärung methodischer Herausforderungen: Warum einfache Korrelationen irreführend sein können und wie Geschwisterstudien helfen, genetische Faktoren zu kontrollieren. Der Podcast macht deutlich, dass die Wissenschaft keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Paracetamol und Autismus findet und entlarvt politische Behauptungen als unhaltbar. Die journalistische Qualität ist hoch: komplexe Inhalte werden verständlich aufbereitet, verschiedene Studienqualitäten werden differenziert bewertet und die Hörer:innen erhalten eine klare Handlungsempfehlung.