Nachhaltigkeit erfolgreich umsetzen - mit dem Sustainability Podcast für Profis: Gewinne Zukunft.: #84 Sustainability ist alles, aber nicht tot: Wie wir uns als Nachhaltigkeitsprofis jetzt neu aufstellen!
Die Auftaktfolge der siebten Staffel zeigt, wie Unternehmen nach dem politischen Kurswechsel ihre Nachhaltigkeitsstrategien neu justieren.
Nachhaltigkeit erfolgreich umsetzen - mit dem Sustainability Podcast für Profis: Gewinne Zukunft.
75 min read3368 min audioDer Podcast "Gewinne Zukunft" startet in die siebte Staffel und widmet sich der Frage, wie sich Nachhaltigkeitsmanager:innen nach der politischen Wende durch Omnibus neu positionieren. Moderator Zackes Brustik spricht mit Sven Steinert, CEO von SustainX und Experte für Lieferketten sowie Kreislaufwirtschaft. Beide sprechen offen über ihre persönliche Demotivation nach dem Scheitern der CSRD und wie sie damit umgehen. Sie identifizieren drei Themen, die nun keine Priorität mehr haben: übergeordnete regulatorische Anforderungen, oberflächliche Lieferantenschulungen und reine Marketing-Nachhaltigkeit. Stattdessen setzen sie auf fünf neue Schwerpunkte: die Rolle als Change Manager:in, Kreislaufwirtschaft, resilient Lieferketten, das Narrativ der Unabhängigkeit und konkrete Business Cases für jede Fachfunktion. Beispiele aus Medizintechnik, Automobilindustrie und Unternehmen wie Hans Grohe zeigen, wie Nachhaltigkeit über Resilienz und Ressourcenknappheit argumentiert wird. Die Episode endet mit dem Appell, Deutschland solle wieder zu „German Excellence“ in Green Tech finden und mutige Ökosysteme aufbauen.
### Die Nachhaltigkeitsagenda nach Omnibus
Steinert und Brustik sind sich einig: „die großen regulatorischen Anforderungen“ seien für Mittelständler „vom Tisch“. Stattdessen solle man vorhandene Lieferkettendaten nutzen, um Kundenanforderungen oder Krisenrisiken abzudecken. „Wenn ein Kunde danach fragt, weil er von der Regulatorik betroffen ist … dann stellt er die Fragen einfach weiter nach unten“.
### Rolle neu definiert: von Expert:in zum Change-Netzwerk
Die klassische Position als „CSRD-Manager:in“ verschwindet. Die neue Aufgabe sei es, „die Spinne im Netz“ zu sein, die Expert:innen in Einkauf, Produktion oder Vertrieb befähigt, Nachhaltigkeit in ihrem Fach umzusetzen. „Man muss natürlich meine Einkäuferinnen und Einkäufer befähigen, dass die diese Diskussion … führen können“.
### Kreislaufwirtschaft als Geostrategie
Seltene Erden, geopolitische Krisen und Rohstoffpreise machen Kreisläufe „unmittelbar“. Chinesische Marktmacht bei Batterie-Rohstoffen wird zum Druckmittel: „die haben uns extrem abhängig gemacht und sobald wir abhängig sind, machen sie einen größeren Price tag dran“.
### Business Case statt Moral
Unternehmen wie Hans Grohe setzen auf Produktdesign, das ohne Verzicht auskommt: „bis 2030 ausschließlich Duschbarköpfe … als würde Burger King sagen, du kriegst nur noch den veganen Patty“. Der Verkauf erfolgt über Einsparpotenziale und neue Revenue-Streams, nicht über Nachhaltigkeitskommunikation.
### Fazit: Mut zum Anfang
Deutschland hänge hinter China und den USA her, weil es „keine Fehlertoleranz“ habe. Die Lösung: „weg von dieser Genauigkeit … hin zu einfach mal anfangen“. Politik allein werde nicht handeln, daher sei es Aufgabe der Unternehmer:innen, Ökosysteme für Kreislaufwirtschaft und Resilienz zu bauen.
## Einordnung
Die Folge wirkt wie ein Selbstgespräch der Nachhaltigkeitsbranche nach dem politischen Schock. Brustik und Steinert nutzen das Format, um emotionale Verarbeitung („Tal der Tränen“) mit praktischer Neuorientierung zu verbinden. Die Argumentation bleibt dabei stets unternehmensnah: Es geht um Risiko, Kosten und Wettbewerbsfähigkeit, nicht um Klimaschutz als solchen. Die Kritik an fehlender „German Excellence“ und staatlicher Trägheit ist scharf, bleibt aber in wirtschaftlicher Logik. Bemerkenswert ist die Offenheit, mit der über Gefühle von Verlust und Überforderung gesprochen wird – das ist selten in Beratungspodcasts. Gleichzeitig dominiert eine Technologie- und Exportperspektive; soziale oder globale Gerechtigkeitsfragen tauchen kaum auf. Die Episode liefert viele konkrete Beispiele, verzichtet aber auf systemische Kritik an Wachstumslogik oder Machtstrukturen. Wer eine unternehmensnahe Anleitung sucht, wie aus Nachhaltigkeits-Manager:innen Resilienz-Manager:innen werden, bekommt hier eine gut gemachte Roadmap. Wer tiefergehende gesellschaftliche oder politische Analysen erwartet, wird enttäuscht sein.
Hörwarnung: Die Folge ist eine wertvolle Orientierung für betroffene Fachkräfte, verharrt aber in einer engen Wirtschaftslogik und bietet keine kritische Auseinandersetzung mit den Gründen für das Scheitern der bisherigen Nachhaltigkeitsagenda.