OMR Podcast: Wie viel Schützenfest steckt noch in Berentzen, Oliver Schwegmann? (#840)
Berentzen-CEO Oliver Schwegmann erklärt im OMR Podcast, wie sein Unternehmen durch Diversifikation weg vom Alkohol zu 370 Mio. Euro Umsatz kommt.
OMR Podcast
4383 min audioDer OMR Podcast mit Philipp Westermeyer begrüßt Oliver Schwegmann, CEO des Berentzen-Konzerns. Das Unternehmen, bekannt für Apfelkorn und Pushkin-Wodka, hat sich zu einem breit aufgestellten Getränkekonzern mit 370 Mio. Euro Umsatz entwickelt. Schwegmann erklärt, dass mittlerweig 52 % des Umsatzes mit alkoholfreien Getränken wie Mio Mio Mate erzielt werden. Ein drittes Standbein sind Frischsaft-Automaten in Supermärkten, die das Unternehmen als Dienstleister betreibt. Besonders brisant: Berentzen zahlt über 50 % seines Gewinns an Steuern, was Schwegmann als „Wahnsinn“ bezeichnet. Das Unternehmen hat sich von einem ländlichen Schnapshersteller zu einem innovativen Getränkedienstleister transformiert, indem es neue Geschäftsmodelle wie Logistik für frische Früchte und Maschinenwartung aufbaute.
### 1. Steuerlast von über 50 % als existenzielle Herausforderung
Schwegmann betont, dass Berentzen über 50 % seines Gewinns an Steuern zahle: „Wir haben über 50 % Steuern, die wir zahlen müssen.“ Westermeyer reagiert entsetzt: „Das ist ja Wahnsinn.“ Diese Belastung durch Alkohol-, Schaumwein- und Kaffeesteuer mache es schwer, Profit zu erwirtschaften.
### 2. Mio Mio Mate überholt traditionelle Spirituosenmarken
Die einstige Nischenmarke Mio Mio Mate sei mittlerweile die umsatzstärkste Marke des Konzerns. Schwegmann erklärt: „Das ist Mio Mio Mate. Das ist das, wo wir mittlerweile im Konzern den größten Umsatz machen.“ Der Anteil der Spirituosen am Gesamtumsatz sinke daher kontinuierlich.
### 3. Frischsaft-Automaten als lukratives Nebengeschäft
Mit über 2.500 Maschinen in deutschen Supermärkten generiert das Geschäftsfeld „Frische Saftkonzepte“ 20-30 Mio. Euro Umsatz. Schwegmann betont: „Das ist ein Geschäft, was nicht in diesen Verbrauchssteuern drin ist.“ Dieses Dienstleistungsmodell habe deutlich bessere Margen.
### 4. Transformation vom Schnapshersteller zum Dienstleister
Die Neuausrichtung erforderte komplett neue Kompetenzen. Schwegmann beschreibt: „Wir haben jetzt quasi eine Logistik für frische Früchte und haben jetzt Mitarbeiter, die Maschinen instandhalten.“ Diese Evolution sei „für uns als eher ländlich geprägtes Unternehmen“ essentiell gewesen.
## Einordnung
Das Gespräch wirkt wie eine perfekt inszenierte Unternehmensstory, in der Schwegmann souverän die Transformation seines Hauses erzählt. Westermeyer stellt die richtigen Fragen, bleibt aber stets im modus des Bewunderns – kritische Nachfragen zur Steuerpolitik oder zur Gesundheitsverträglichkeit von Energy-Drinks bleiben aus. Besonders auffällig: Die Diskussion um die 50 %-Steuerlast wird als „Wahnsinn“ markiert, ohne dass der Interviewer hinterfragt, warum ein Unternehmen mit 30 Mio. Euro Gewinn bei 370 Mio. Umsatz sich beschwert. Die Perspektive der Steuerzahler:innen oder Gesundheitsforscher:innen fehlt völlig. Stattdessen wird die Diversifikation weg vom Alkohol als innovativer Coup gefeiert, obwohl Mio Mio Mate ebenfalls umstrittene Inhaltsstoffe enthält. Der Podcast transportiert unreflektiert die Unternehmensnarrative von Innovation und Wachstum, ohne die gesellschaftlichen Kosten von Alkohol- und Energy-Drink-Konsum zu thematisieren. Die einzige kritische Dimension bleibt implizit: Dass ein traditionsreiches Spirituosenunternehmen seinen Fortbestand nur durch radikale Neuausrichtung sichern kann, zeigt die prekäre Lage vieler etablierter Marken in Zeiten des gesundheitsbewussten Konsums.
Hörwarnung: Wer unternehmerische Erfolgsgeschichten ohne kritische Distanz zu Steuerpolitik und Gesundheitsfolgen mag, wird hier bedient – eine analytische Auseinandersetzung mit den Branchenproblemen findet nicht statt.