Huberman Lab: Essentials: Psychedelics for Treating Mental Disorders | Dr. Matthew Johnson
Eine evidenzbasierte Diskussion über Psychedelika-Forschung zwischen zwei Neurowissenschaftlern, die therapeutische Potenziale und Risiken gleichermaßen beleuchtet.
Huberman Lab
38 min read2349 min audioIn dieser "Huberman Lab Essentials"-Episode spricht Andrew Huberman mit Dr. Matthew Johnson, einem Forscher des Center of Excellence for Psilocybin Research and Treatment, über das therapeutische Potenzial von Psychedelika. Johnson erklärt, dass Psychedelika verschiedene pharmakologische Klassen umfassen, die alle die Fähigkeit haben, das Realitätsgefühl und die Selbstwahrnehmung tiefgreifend zu verändern. Die klassischen Psychedelika wie LSD und Psilocybin wirken als Agonisten am Serotonin-2A-Rezeptor, während MDMA eine eigene Kategorie bildet.
### Psychedelika würden grundlegende Wahrnehmungsmodelle auflösen
Johnson beschreibt Psychedelika als "Auflöser von Modellen" - sie würden die Vorhersagemodelle durchbrechen, mit denen Menschen normalerweise die Realität strukturieren. Er berichtet von extremen Fällen, in denen Studienteilnehmer:innen versuchten, durch Gemälde zu tauchen oder glaubten, fliegen zu können: "Es gab glaubwürdige Fälle von Menschen, die wirklich dachten, sie könnten fliegen und aus einem Fenster springen."
### Klinische Studien würden strenge Sicherheitsprotokolle erfordern
Die Forscher führen mehrstündige Vorbereitungssitzungen durch, um Vertrauen aufzubauen und über mögliche Erfahrungen aufzuklären. Johnson betont: "Du könntest die schönste Erfahrung deines Lebens haben oder die erschreckendste." Teilnehmer:innen mit psychotischen Störungen oder bipolaren Störungen werden ausgeschlossen. Die Dosen liegen bei 20-30 Milligramm reinem Psilocybin.
### "Loslassen" sei entscheidend für therapeutische Erfolge
Johnson erklärt, dass das Aufgeben der Kontrolle zentral für positive Erfahrungen sei. Er unterscheidet zwischen Menschen, die sich der Erfahrung hingeben, und jenen, die versuchen, die Kontrolle zu behalten - letztere hätten eher "Bad Trips". Etwa ein Drittel der Teilnehmer:innen erlebe während der Sitzung Phasen starker Angst.
### Dauerhafte Veränderungen der Selbstwahrnehmung als Wirkmechanismus
Der Forscher sieht "anhaltende Veränderungen in der Selbstrepräsentation" als gemeinsamen Nenner therapeutischer Erfolge. Er berichtet von "Duh-Erlebnissen", bei denen Teilnehmer:innen plötzlich erkennen würden: "Mein Gott, ich kann wirklich einfach entscheiden, wie das Ausschalten eines Fahrrads. Ich kann entscheiden, nicht zu rauchen."
### MDMA unterscheide sich durch geringeres Risiko für "Bad Trips"
MDMA, das sowohl Dopamin als auch Serotonin erhöht, führe seltener zu erschreckenden Erfahrungen als klassische Psychedelika. Johnson erklärt: "Die Chancen, eine extrem herausfordernde Erfahrung zu haben, einen Bad Trip, sind bei MDMA viel geringer."
### Microdosing zeige keine wissenschaftlich belegte Wirkung
Johnson äußert sich skeptisch zu Microdosing-Claims: "Keine der peer-reviewten Studien mit viel Glaubwürdigkeit hat einen Nutzen gezeigt." Die Studien hätten entweder keine Effekte oder sogar leichte Beeinträchtigungen der Zeitwahrnehmung gefunden.
## Einordnung
Dieser Podcast präsentiert wissenschaftliche Psychedelika-Forschung in einem akademisch-journalistischen Format mit hohem Anspruch. Huberman und Johnson diskutieren auf Augenhöhe, wobei beide ihre Expertise und Grenzen klar benennen. Die Gesprächsführung ist strukturiert und evidenzbasiert - Johnson betont wiederholt den spekulativen Charakter seiner Erklärungen und warnt vor voreiligen Schlüssen.
Bemerkenswert ist die ausgewogene Darstellung: Neben therapeutischen Potenzialen werden explizit Risiken und Grenzen thematisiert. Johnson warnt vor Gefahren bei bestimmten psychiatrischen Vorerkrankungen und relativiert Microdosing-Hypes durch Verweis auf fehlende Evidenz. Diese wissenschaftliche Redlichkeit unterscheidet das Format wohltuend von populären Wellness-Podcasts, die oft unkritisch "Heilsversprechen" verbreiten.
Die Diskussion bleibt durchgehend auf der Metaebene der Forschungsmethodik und Wirkmechanismen, ohne in esoterische Spekulationen abzudriften. Allerdings fehlen kritische Stimmen oder alternative Forschungsperspektiven - die Darstellung bleibt weitgehend innerhalb des etablierten Forschungsparadigmas. Insgesamt ein sachlicher, informativer Beitrag zur aktuellen Psychedelika-Debatte, der wissenschaftliche Standards wahrt und Hörer:innen eine fundierte Grundlage für eigene Einschätzungen bietet.