Studio Ett: Studio Ett 2025-09-22 kl. 16.02
Studio Ett bilanziert den kirchenpolitischen Machtwechsel und fragt, ob alte Schafwolldecken die letzten schwedischen Gletscher retten können.
Studio Ett
22 min read6180 min audioSveriges Radios Studio Ett berichtet am Tag nach den schwedischen Kirchenwahlen 2025 aus Uppsala. Die progressiven Kräfte – Sozialdemokraten, POSK und die neu zusammengeschlossenen Grünen („De gröna“ und „Gröna kristna“) – legen zu, während die nationalistischen Gruppierungen AfS und Sverigedemokraterna an Stimmen verlieren und die neu eingeführte 2-Prozent-Hürde nicht überwinden. Im zweiten Teil geht es um das Abschmelzen der schwedischen Gletscher: acht kleinere seien 2024 komplett verschwunden, berichtet Gletscherforscherin Nina Kirchner. Abenteurer Oscar Kilborg berichtet von seinem Projekt, auf dem Björlings-Gletscher 200 m² dicken Filz aus alter Schafwolle zu verlegen, um die Ablation zu verlangsamen – ein Verfahren, das in der Schweiz erprobt wurde. SMHI-Forscher David Gustavsson hält den Einsatz für lokal sinnvoll, betont aber, dass nur Klimaschutz die Gletscher langfristig retten könne.
### T1: Progressives Lager gewinnt deutlich – Nationalisten rutschen ab
Laut Ekot-Reporter Pontus Håkansson könnten die Sozialdemokraten ihre Führung ausbauen, während die rechte Splitterpartei „Alternativ för Sverige“ (AfS) nach der Einführung einer 2-Prozent-Hürde wohl gänzlich aus dem Kirchenparlament fliege. „Man kann also sagen, dass dies eine klare progressive Wahl war“, konstatiert Håkansson.
### T2: Waldfrage wird zur Chefsache
Die Umweltparteien profitierten davon, dass der Klimaschutz im Kirchenwald zum zentralen Thema wurde. Die Gruppierung „Himmel und Erde“ rücke von einem auf sechs Mandate vor, weil sie „die Waldfrage auf die Tagesordnung gebracht“ habe, sagt Vorsitzende Ulrika Karlsson.
### T3: POSK bleiben zweitstärkste Kraft – ohne Parteibuch
Die Partipolitiskt obundna i Svenska kyrkan (POSK) halten sich laut Amanda Karlshammar „als zweitgrößte Kraft stabil“, obwohl sie zwei Mandate verlieren. Ihr Erfolgsrezept sei, „die Gemeinde ins Zentrum zu stellen“ und theologische Vielfalt zu fördern.
### T4: Wolldecke als Retter? Lokale Rettung, globale Illusion
Oscar Kilborg legt alte Schafwolldecken auf kritische Gletscherstellen, um gefährliche Schmelzseen zu verhindern. „Es ist nicht unsere Absicht, die Gletscher zu retten, sondern die Abschmelzung zu verzögern“, sagt er. Forscher David Gustavsson ergänzt, das Verfahren sei „lokal sehr wirksam“, doch „auf lange Sicht funktioniert es ohnehin nicht, wenn die Erwärmung anhält“.
## Einordnung
Die Sendung liefert klassischen öffentlich-rechtischen Wahlabend-Journalismus: nüchtern, faktenorientiert und ohne Polarisierung. Die Moderation lässt alle relevanten Akteur:innen kurz zu Wort kommen, wertet aber nicht vor. Besonders bemerkenswert: Die nationalistischen Kräfte werden nicht zitiert, was ihre Deutungshoheit mindert – ein klares inhaltliches Signal. Beim Gletscherthema wechselt das Format locker zwischen populärmagazinalem Abenteuerbericht und wissenschaftlicher Einordnung; die Grenzen zwischen PR für das Woll-Projekt und Kritik am Symbolcharakter bleiben dabei bewusst offen. Es fehlt allerdings eine systematische Einbindung von Klimagerechtigkeits- oder indigenen Perspektiven; der Nord-Süd-Blindfleck bleibt unreflektiert. Insgesamt handelt es sich um soliden, aber keinen besonders tiefen Journalismus – ideal als Einstieg, wer aber Hintergründe sucht, muss woanders weitersurfen.