POLITICO Berlin Playbook: China: Die neue deutsche Bedeutungslosigkeit
Johann Wadephuls geplatzte China-Reise, die AfD-Perspektive auf Waffengleichheit und Dobrindts Cyber-Gegenangriff – kurz analysiert.
POLITICO Berlin Playbook
23 min read1216 min audioKontext und Sprecher: Gordon Repinski führt durch den POLITICO-Berlin-Playbook-Podcast vom 29. Oktober 2025. Zu Wort kommen EU-Korrespondent Hans von der Burchard, AfD-Außenpolitiker Markus Frohnmaier, Sicherheitsexpertin Rixa Fürsen sowie verschiedene Moderator:innen. Hauptthema ist die diplomatische Krise nach der kurzfristigen Absage der China-Reise von Außenminister Johann Wadephul und ihre Folgen für deutsche Wirtschafts- und Sicherheitspolitik.
### 1. Pekings Machtdemonstration gegen Wadephul
Die chinesische Führung habe dem deutschen Außenminister „über Nacht“ das Programm gestutzt, sodass nur noch ein kurzes Telefonat mit dem Amtskollegen übrig blieb. Der Eklat gelte als Revanche für deutsche Taiwan-Kritik und als klare Machtdemonstration angesichts deutscher Abhängigkeiten: „Es ist eine Revanche für Wadephuls Kritik an Chinas Säbelrasseln gegenüber Taiwan.“
### 2. De-risking bleibt vor allem Paper-Tiger
Deutschland und die EU seien auf kritische Rohstoffe und Mikrochips aus China angewiesen. Selbst nach Jahren von Debatten fehle es konkreten Umsetzungen. Japan werde als positives Beispiel genannt, weil es nach eigenem „China-Schock“ Versorgungsalternativen aufgebaut habe: „Die Botschaft des De-Riskings muss jetzt wirklich mehr bei den Firmen ankommen.“
### 3. AfD fordert „Waffengleichheit“ statt Moralismus
Markus Frohnmaier wirft der Bundesregierung eine „Hypermoralisierung“ der Außenpolitik vor. Statt Lehrreden brauche es Geschäftslogik: China bleibe ein wichtiger Markt, Zugeständnisse wie Entwicklungsland-Status oder KfW-Kredite müssten gestoppt werden: „Durch eine Hypermoralisierung … das Verhältnis immer schlechter wurde.“
### 4. Cyber-Abwehrplan droht im Kompetenzgewirr zu scheitern
Innenminister Alexander Dobrindt plant laut Rixa Fürsen digitalen Gegenangriff auf ausländische Server, scheitere aber an deutscher Zuständigkeitsvielfalt. Bund, Länder, Bundeswehr und Geheimdienste müssten sich erst abstimmen – „bis das passiert … vergeht auch ziemlich viel Zeit.“
### 5. SPD demonstriert gegen eigenen Kanzler
Die SPD-Vizefraktionschefin Wiebke Esdar nutzt laut Repinski in Bielefeld eine Demo gegen Friedrich Merz, obwoil ihre Partei mit der Union regiert. Die Szene stehe sinnbildlich für blockierende Selbstbeschäftigung statt Sachpolitik: „Reisst euch doch mal zusammen … euch nicht verliert in Debatten um Worte und Demonstrationen gegeneinander.“
## Einordnung
Der Podcast zeigt journalistisches Format mit klarem Strukturangebot: schnelle Einordnung, Experteninterviews und ein kurzer politikfeldübergreifender Blick. Die Moderationsführung bleibt souverän, lässt Gäste zu Wort kommen und stellt kritische Nachfragen. Besonders die 200-Sekunden-Sequenz mit dem AfD-Vertreter führt keine einfache Positionierung zu, sondern deckt innere Widersprüche auf – etwa zwischen Forderung nach „Waffengleichheit“ und dem gleichzeitigen Zugeständnis, China bleibe „wichtiger Markt“. Dennoch bleibt die AfD-Perspektive isoliert; progressive oder asiatische Gegenstimmen fehlen. Der Fokus liegt auf deutscher Standortangst und geopolitischem Druck, was das Narrativ der „Machtlosigkeit“ verstärkt. Insgesamt ein kompakter, informativer Morgenüberblick mit anschlussfähiger Analyse statt plakativer Polemik.
Hörempfehlung: Wer in 25 Minuten die wichtigsten Kapital-News mit internationalem Blick sucht, bekommt hier klare Struktur und kritische Hintergründe – trotz leichter Übertreibungsmomente.