Lisas Paarschitt: Der Beziehungs-Podcast mit Lisa Ortgies | WDR 2: Wenn Eifersucht die Beziehung bedroht
Praxisnahe Unterhaltung über normale und krankhafte Eifersucht mit Alltagsbeispielen, Tipps zur Deeskalation und der Warnung vor Kontrollzwang.
Lisas Paarschitt: Der Beziehungs-Podcast mit Lisa Ortgies | WDR 2
75 min read2253 min audioLisa Ortgies spricht mit der zertifizierten Coach Daniela van Santen über die verschiedenen Formen von Eifersucht – von der als normal bezeichneten reaktiven bis zur krankhaften, beziehungsbedrohenden Variante. Im Gespräch werden Grenzen, Ursachen (u. a. mangelndes Selbstwertgefühl, Depression, Alkoholmissbrauch, Statusunterschiede) sowie erste praktische Maßnahmen zur Deeskalation benannt. Zentrale These: Eifersucht an sich sei „gut“ und evolutionsbiologisch sinnvoll; erst wenn sie in Kontrolle, Kontrollzwang und soziale Isolierung umschlägt, entstehe ein Behandlungsbedarf. Van Santen schildert aus ihrer „Eifersuchts-Sprechstunde“ Beispiele wie GPS-Tracking, heimliches Handy-Monitoring, Selbstprojektion von Untreue und die Gefahr einer self-fulfilling prophecy. Der Podcast endet mit konkritten Verhaltenstipps: klare Grenzvereinbarungen am Beziehungsanfang, gezielte Ablenkung bei akutem „Kopfkino“, professionelle Hilfe und ein bis Mitternacht erreichbarer Krisen-Dienst.
### Trennung zwischen gesunder und krankhafter Eifersucht wird fließend definiert
Van Santen beschreibt „normale“ Eifersucht als evolutionär sinnvoll („98 % aller Menschen kennen das Gefühl“) und sogar als möglichen Liebesindikator: „Wenn in einer Beziehung gar keine Eifersucht stattfindet … darf man da auch ein Fragezeichen an Liebe [stellen].“ Die Grenze zur krankhaften Form ziehe sich, wenn Vorwürfe pausenlos erfolgen, Kontroll- und Überprüfungsrituale das Leben dominieren und der Partner „terrorisiert“ wird.
### Kontrollzwang kann körperliche und digitale Spuren hinterlassen
Als typisches Verhalten werden GPS-Tracker, heimliche WhatsApp-Kontrollen oder verlangte Fotos mit Tageszeitung („damit der Liebhaber nicht hinter dem Sofa sitzt“) genannt. Diese Maßnahmen beruhigen den Eifersüchtigen nie wirklich, sondern schüren nur weitere Kontrollfantasien: „Als nächstes ist dann ‚du musst dies machen, du musst das machen‘.“
### Häufige Ursachen: Selbstwert- und Statusfragen, psychische Vorerkrankungen
Thematisiert werden mangelndes Selbstwertgefühl, Angststörungen, Depressionen, Alkoholmissbrauch und Leistungsgefälle in der Partnerschaft („Frau verdient mehr, Mann fühlt sich minderwertig“). Auch „geringgradige Impotenz“ oder große Altersunterschiede würden männliche Konkurrenzängste verstärken.
### Projektion eigener Untreue als zusätzlicher Treibstoff
Ein wiederkehrendes Muster sei, dass Menschen, „die sich selbst untreu in Gedanken sind“ oder „sich eine andere Partnerschaft wünschen“, dem Partner genau diese Untreue unterstellen – eine Art Selbstschutz und Ablenkungsstrategie: „Fremdgeher sind ganz häufig super krankhaft eifersüchtig.“
### Prävention und Deeskalation: Grenzen setzen, Ablenkung, gezielte Kommunikation
Empfohlen wird, schon zu Beziehungsbeginn rote Linien zu definieren („ein Kuss auf gar keinen Fall“). Bei akutem „Kopfkino“ müsse man lernen, Gedankenketten zu stoppen – z. B. durch plötzliche Konflikte wie ein „Auffahrunfall … dann bist du den ganzen Abend mit dem Thema beschäftigt“ oder durch vorbereitete Ablenkungs-Tools (Podcast hören, Sport). Zudem sei es wirksam, in ruhigen Momenten anzukündigen, wenn man besonders verletzlich sei, und um Rücksam zu bitten.
## Einordnung
Der Beitrag wirkt wie ein Mix aus Pop-Beziehungsratgeber und Fachsimpodium. Daniela van Santen liefert viele alltagsnahe Beispiele und nutzt ihre langjährige Praxiserfahrung, bleibt dabei aber auf der Oberfläche wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Grenzziehung zwischen „gesunder“ und „krankhafter“ Eifersucht basiert fast ausschließlich auf ihrer eigenen Kategorisierung; Studien oder externe Experten:innen fehlen. So bleibt unklar, warum z. B. fehlende Eifersucht „ein Fragezeichen an Liebe“ stellen soll – eine pauschale These, die leicht pathologisierend wirkt. Auffällig ist auch das traditionelle Rollenklischee: „Männer fürchten um Potenz und Status, Frauen sollen emotional eifersüchtig sein“ – zwar relativiert van Santen dies kurz, doch die Stereotype dominieren die Erzählung. Kritisch: Manche Formulierungen („bin ich als Mann nicht mehr so wirklich ein Mann“) reproduzieren Geschlechternormen, ohne sie zu hinterfragen. Insgesamt liefert der Talk praktische Alltagstipps, bleibt aber in der Analyse oberflächlich und erfüllt keine journalistische Prüfpflicht zu wissenschaftlichem Konsens. Die Mischung aus Krisen-Hotline-Werbung („bis Mitternacht erreichbar“) und Aufforderung zur Selbsttherapie kann problematische Heilsversprechen erzeugen, ohne auf evidenzbasierte Grenzen hinzuweisen.