The Rest Is Politics: 429. Question Time: Gaza, Genocide, and Global Hypocrisy
Campbell und Stewart diskutieren Völkermord-Vorwürfe gegen Israel, neue Migrations-Deals und die Frage, warum moderne Politik weniger Idealismus hervorbringt als zu Live Aid-Zeiten.
The Rest Is Politics
52 min read3437 min audioIn dieser Folge des britischen Politikpodcasts "The Rest Is Politics" diskutieren die Moderatoren Rory Stewart und Alastair Campbell die Reaktionen auf Campbells öffentliche Äußerung, dass Israel in Gaza Völkermord begehe. Campbell erläutert die gemischten Reaktionen, die von Unterstützung bis hin zu Vorwürfen des Antisemitismus reichen.
### Campbell verteidigt seine Völkermord-Äußerung zu Gaza
Campbell schildert die Reaktionen auf seine vorherige Aussage, Israels Handlungen in Gaza seien Völkermord. Er berichtet von einer jüdischen Anwohnerin, die ihm zustimmte, aber anonym bleiben wollte, da sie sich in ihrem Arbeitsumfeld nicht traue, dies öffentlich zu sagen. Médecins Sans Frontières kontaktierte ihn direkt und betonte Artikel 1 der Völkermordkonvention, der alle Staaten verpflichte, Völkermord zu "verhindern und zu bestrafen".
### Stewart und Campbell analysieren jüdische Kritik an ihrer Position
Ein "vernünftiger jüdischer Londoner" schrieb Stewart einen langen Brief mit harter Kritik. Der Schreiber argumentierte, Israel befinde sich in einem Verteidigungskrieg, die Moderatoren würden antisemitische Narrative verstärken, und fragte: "Was würdet ihr getan haben?" Stewart antwortet, Israels Reaktion sei "nicht proportional oder vernünftig" und vergleicht sie mit den britischen Reaktionen auf die IRA oder 9/11.
### Diskussion über Starmer-Macron-Migrationsabkommen
Die Moderatoren besprechen das neue Abkommen zwischen Keir Starmer und Emmanuel Macron, das die Rücksendung von 50 Migranten pro Woche von Großbritannien nach Frankreich vorsieht. Stewart kritisiert die Begrenzung auf 50 Personen, da nur eine 100%-Rücksendung abschreckend wirken würde: "Wenn in 100% der Fälle Menschen zurückgeschickt werden, würde niemand mehr 10.000 Euro bezahlen und sein Leben riskieren."
### Korruption bedroht Spaniens Premierminister Sánchez
Die Moderatoren diskutieren die Korruptionsvorwürfe gegen drei engste Berater des spanischen Premierministers Pedro Sánchez, die als "Peugeot-Gang" bekannt sind. Zusätzlich behauptete die Opposition, Sánchez' Schwiegervater habe sein Vermögen mit "schwulen Bordellen" gemacht. Campbell vermutet, dies könne Sánchez helfen, die Vorwürfe als "Hexenjagd" zu bezeichnen.
### PKK-Entwaffnung und verpasste Friedenschancen
Stewart bedauert, dass die angekündigte Entwaffnung der PKK, der kurdischen Separatistenorganisation in der Türkei, kaum mediale Aufmerksamkeit erhielt. Er argumentiert, in den 90er Jahren wäre dies als großer Friedensdeal gefeiert worden, heute interessiere sich niemand mehr für solche Erfolge.
### Live Aid-Nostalgie und moderne Passivität
Campbell besuchte das Live Aid-Musical und reflektiert über die Frage, warum es heute keine vergleichbaren Bewegungen mehr gäbe. Er zitiert Bob Geldof, der moderne Politiker als "Schläger" bezeichnete, die "Freundlichkeit in der Welt töten". Campbell spekuliert über Gründe: fragmentierte Medienlandschaft, Ablenkung durch soziale Medien und Angst der Künstler vor Cancelkultur.
## Einordnung
Dieser Podcast zeigt exemplarisch, wie etablierte politische Diskurse unter Druck geraten, wenn moralische Positionen mit geopolitischen Realitäten kollidieren. Campbells Völkermord-Äußerung wird von beiden Moderatoren als mutiger Schritt dargestellt, doch ihre Analyse bleibt oberflächlich. Sie fokussieren stark auf die Reaktionen, weniger auf die völkerrechtlichen Implikationen oder alternative Lösungsansätze. Besonders auffällig ist, wie sie Kritik als potentiell antisemitisch framen, ohne differenziert zu prüfen, ob diese Einschätzung berechtigt ist.
Bei der Migrationsdebatte zeigt sich eine technokratische Herangehensweise, die strukturelle Probleme ausblendet. Stewarts Forderung nach 100%-Rücksendung ignoriert humanitäre und rechtliche Aspekte völlig. Die Diskussion über Spaniens Korruptionsskandal bleibt anekdotisch, ohne systemische Fragen zu stellen. Die Live Aid-Nostalgie offenbart eine problematische Romantisierung der Vergangenheit und übersieht, dass heutige Aktivisten andere Strategien verfolgen könnten.
Insgesamt präsentiert der Podcast eine privilegierte Westminster-Perspektive, die komplexe geopolitische Fragen auf persönliche Meinungen und Insidergeschichten reduziert. Die Hörerschaft erhält zwar unterhaltsame Einblicke in politische Denkweisen, aber kaum fundierte Analyse der diskutierten Probleme.