OMR Podcast: OMR Classic mit Lanserhof-Gründer Christian Harisch

Ein Gastwirt aus Tirol baut Fasten-Luxusresorts für die globale Elite und verbindet dabei Schulmedizin mit Schamanismus.

OMR Podcast
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Christian Harisch, Unternehmer und Gastwirt in der vierten Generation, führt die Harisch-Gruppe mit ihren Lanserhof-Gesundheitszentren und mehreren Hotels in Kitzbühel. Der Lanserhof verkauft individuelle Fastenkuren für mindestens 4.000 Euro pro Woche als "Luxus der Reduktion", kombiniert Schulmedizin mit Naturheilkunde und beschäftigt Schamanen. Harisch denkt in 50-100-Jahres-Zyklen und investierte über 130 Millionen Euro in den neuen Standort auf Sylt - das größte Reetdachgebäude Europas mit 64 Zimmern. Dabei finanziert die Gruppe ohne externe Investoren: "Der Pletzer, Stefan Rutter und ich, das sind die Investoren." ### Lanserhof als profitable Nische zwischen Klinik und Luxushotel Harisch entwickelte ein Geschäftsmodell, das Gesundheitsvorsorge mit Fünf-Sterne-Hotellerie verbindet. "Man konzentriert sich auf sich selbst. Wir leben ja alle in einer hektischen Gesellschaft mit tausend Einflüssen", beschreibt er das Grundkonzept. Die Gäste fasten individuell zwischen 0 und 1200 Kalorien täglich, erhalten medizinische Diagnostik und Naturheilkunde-Behandlungen. Das Personal-Gäste-Verhältnis beträgt 2:1 bis 3:1 bei maximal 70 Gästen pro Standort. ### Internationale Expansion trotz extremer Baukosten Trotz der hohen Investitionssumme von 130 Millionen Euro für 64 Zimmer auf Sylt bleibt Harisch bei seinem Expansionskurs. "50 ganz sicher. Also 50 ganz sicher. Also wir rechnen das nicht kurzfristig. Wir denken in Generationen", begründet er die Langfristperspektive. Bereits 40% der Gäste kämen aus dem nicht-deutschsprachigen Ausland, darunter Prominente wie Victoria Beckham. Als nächstes Ziel nennt er das Mittelmeer. ### Personalmangel als größte Herausforderung Die Gruppe benötigt 150-200 Mitarbeiter:innen pro Standort, kämpft aber mit Personalknappheit. "Wir brauchen junge Ärztinnen und Ärzte und die finden wir natürlich mehr in den Städten", erklärt Harisch seine Strategie für städtische Standorte wie Hamburg. Dort plant er eine private Klinik mit postoperativer Reha und eine "Lanserhof Academy" zur Ausbildung eigener Mediziner:innen in Naturheilkunde. ### Verschmelzung von Schul- und Naturheilkunde mit spirituellen Elementen Das Konzept kombiniert klassische Medizin mit alternativen Ansätzen. "Wir haben Schamanen im Unternehmen, also wir räuchern", erklärt Harisch und wollte ursprünglich tibetanische Mönche für die Sylt-Eröffnung einfliegen lassen. Diese Mitarbeiter:innen hätten "weder Handy noch E-Mail". Er propagiert Naturheilkunde als Alternative zu Antibiotika, auch bei bakteriellen Infektionen: "Du kannst das aber auch versuchen, ohne Antibiotikum zu machen. Dann dauert es aber zwei bis drei Monate. Aber ist eigentlich besser." ### Gesellschaftspolitische Botschaften und Zukunftsoptimismus Harisch verbindet Unternehmertum mit gesellschaftspolitischen Positionen. Er fordert mehr Zuwanderung zur Lösung des Personalmangels: "Ich freue mich schon darauf, wenn viele Inder, Afrikaner nach Europa kommen und hier unser Leben bereichern." Den Begriff "Ausländer" möchte er "aus unserem Sprachschatz eliminieren". Beim Klimawandel zeigt er sich optimistisch: Kunstschnee aus "reinem Trinkwasser" ermögliche weiter Skifahren, die Alpen würden bei Erderwärmung als kühlere Alternative zu südlichen Regionen profitieren. ## Einordnung Das Interview offenbart die Strategie eines Unternehmers, der medizinische Vorsorge als Luxusprodukt vermarktet und dabei Wissenschaft mit esoterischen Elementen verknüpft. Harischs Selbstdarstellung als "Gastwirt" und "Dienstleistungsjunkie" verschleiert die Dimension eines Millionengeschäfts, das sich an eine vermögende Klientel richtet. Während er betont, "everybody is welcome" zu sein, bleiben die Preise ab 4.000 Euro für weite Bevölkerungsschichten unerschwinglich - ein Widerspruch zu seinem gesellschaftlichen Inklusionsanspruch. Besonders problematisch ist die Vermischung seriöser Medizin mit spirituellen Versatzstücken wie Schamanen und Räucherungen. Wenn Harisch behauptet, bakterielle Infektionen ließen sich "besser" ohne Antibiotika behandeln, bewegt er sich in einem medizinisch fragwürdigen Terrain. Diese Aussagen könnten Laien zu gesundheitsgefährdenden Entscheidungen verleiten. Das Interview hinterfragt diese medizinischen Behauptungen nicht, obwohl sie zentraler Bestandteil seines Geschäftsmodells sind. Harischs gesellschaftspolitische Bekenntnisse zu Weltoffenheit wirken vor dem Hintergrund seines Exklusivitätsanspruchs ambivalent - während er sprachlich Grenzen einreißen möchte, zieht sein Preismodell klare ökonomische Trennlinien. Das Interview dokumentiert damit weniger einen visionären Gesundheitsunternehmer als vielmehr die Vermarktung von Wellness als Statussymbol für die globale Elite.