Der Podcast von Übermedien behandelt die seit Oktober 2024 geltende Pflicht der bayerischen Polizei, in Pressemeldungen die Nationalität von Tätern und Opfern zu nennen. Im Gespräch mit der Kommunikationswissenschaftlerin Christine Horz Isack wird kritisch hinterfragt, welche Effekte diese Praxis hat und wie sie zur Diskriminierung beitragen kann. Horz Isack zeigt auf, dass die Nennung der Nationalität meist keinen informativen Mehrwert biete, sondern vielmehr Stereotype und Vorurteile verstärke. Die Diskussion wird eingebettet in die Debatte um den Pressekodex, der seit den Kölner Silvestervorfällen 2015/16 geändert wurde und nun stärker die Nennung der Herkunft erlaubt. Horz Isack fordert Medien auf, ihrer Rolle als vierte Gewalt gerecht zu werden und Vorurteile nicht zu bedienen, sondern aufzuklären. ### Die Ethnisierung von Straftaten führt zur Diskriminierung ganzer Gruppen Horz Isack kritisiert, dass durch die pauschale Nennung der Nationalität von Straftätern eine Ethnisierung stattfinde, die zu Vorverurteilungen führe. "Diese Form der Gewaltdelikte des sexuellen Übergriffs ist eine Form, die [...] nichts ursächlich mit der Herkunft der Täter zu tun haben, sondern eben mit gesellschaftlichen und kulturellen Geschlechterverhältnissen." Dies provoziere eine gesellschaftliche Diskussion, die letztlich Minderheiten diskriminiere. ### Die Nennung der Nationalität ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll Die Nennung der Nationalität sei nur dann sinnvoll, wenn ein begründeter Sachbezug zur Straftat bestehe, etwa bei Mordfällen im Zusammenhang mit der sizilianischen Mafia. "Wenn ich jetzt [...] einen Diebstahl in einem DM" betrachte, "welche Zusatzinformation habe ich? Diese Zusatzinformation kann ja nur dazu dienen, dass ich bestimmte verfestigte Voreinstellung gegenüber bestimmten Nationalitäten herausbilde." ### Die Praxis der Herkunftsnennung etabliert sich bundesweit Die seit Oktober 2024 geltende Regelung in Bayern ist keine Alleinstellung, sondern wird bereits in anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen praktiziert. Horz Isack zeigt auf, dass sich diese Praxis mittlerweile etabliert habe und kritisch zu betrachten sei. ### Die Nennung der Nationalität bedient politische Interessen Die Forderung nach der Nennung der Nationalität erfülle auch politische Zwecke, indem sie Migrations- und Islamfeindlichkeit bediene. Es gebe eine "Islamisierung des Migrationsdiskurses", bei der bestimmte Nationalitäten wie Menschen aus nordafrikanischen Ländern oder dem Mittleren Osten stärker im Fokus stünden. Diese Praxis verschiebe den gesellschaftlichen Diskurs und erleichtere es rechten Strömungen, sich zu verbreiten. ### Der Pressekodex wurde nach den Kölner Silvestervorfällen geändert Der Pressekodex wurde 2017 nach den Kölner Silvestervorfällen 2015/16 geändert. Die Richtlinie 12.1 wurde angepasst, so dass die Nennung der Herkunft nun erlaubt ist, wenn ein "begründetes öffentliches Interesse" besteht. Dies habe zu einer stärkeren Ethnisierung von Straftaten beigetragen. ### Die Medien haben eine Aufklärungspflicht Horz Isack fordert Medien auf, ihrer Rolle als vierte Gewalt gerecht zu werden und Vorurteile nicht zu bedienen, sondern aufzuklären. "Die Medien tun gut daran, wenn sie hier ihre Rolle der vierten Gewalt [...] einnehmen, den Regierenden auf die Finger zu schauen und auch bestimmte Fehlentwicklungen aufzudecken." ## Einordnung Der Podcast beleuchtet eine hochaktuelle und gesellschaftlich relevante Debatte um die Nennung der Nationalität in Polizeiberichten und Medienberichterstattung. Die Expertin Christine Horz Isack liefert eine klare Positionierung gegen eine pauschale Nennung der Nationalität, die sie als diskriminierend und ethnisierend kritisiert. Die Argumentation ist stringent und überzeugend, basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und konkreten Beispielen. Der Podcast bietet eine wichtige Perspektive auf die Problematik, die über die rein faktische Berichterstattung hinausgeht und die gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Praxis thematisiert. Die Einordnung der Entwicklung als bedenklich und die Forderung nach einer stärkeren Rolle der Medien als vierte Gewalt ist überzeugend dargelegt.