L'esprit public: États-Unis/Israël, histoire d'une "relation spéciale"
France Culture erklärt die geopolitischen Gründe für den bröckelnden US-Support für Israel und die wachsenden Risse in der republikanischen Basis.
L'esprit public
44 min read2598 min audioIn der aktuellen Ausgabe von "Le Magazine du week-end" auf France Culture analysiert Oumy Diallo die brisante Beziehung zwischen den USA und Israel. Die Historiker:innen André Kaspi und die Journalistin Lola Ovarlez erklären, warum der bislang unbedingte US-Support bröckelt – und was das für Donald Trumps Außenpolitik bedeutet.
### 1. Israels Sicherheitselite wendet sich gegen die Gaza-Politik
550 ehemalige Spitzenbeamte des israelischen Sicherheitsapparats hätten in einem offenen Brief an US-Präsident Biden erklärt, der Krieg habe "Israel Sicherheit und Identität" gekostet. Sie seien der Ansicht, die beiden militärischen Ziele seien längst erreicht, nur die Geiselfreilassung sei noch offen – und nur über eine politische Lösung möglich.
### 2. Erste republikanische Abgeordnete spricht von "Völkermord"
Marjorie Taylor Greene, bislang unerschütterliche MAGA-Hardlinerin, habe Israels Vorgehen in Gaza erstmals als "genocide" bezeichnet. Laut Ovarlez zeige sich hier eine tiefe Spaltung in der republikanischen Basis: Während evangelikale Hardliner weiterhin bedingungslos hinter Israel stünden, wächsen bei isolationistischen Kräften die Zweifel an "kostspieligen und nutzlosen Kriegen".
### 3. Die USA waren nicht immer Israels wichtigster Partner
Bis 1967 sei Frankreich der Hauptunterstützer Israels gewesen, erklärt Kaspi. Erst nach de Gaulles scharfer Kritik an Israels Politik – der Historiker zitiert dessen Worte, dass Juden von einem "Volk der Elite" zu einem "erobernden Volk" werden könnten – habe sich die Allianz mit Washington zugespitzt.
### 4. Evangelikale als Machtfaktor
Mit 91 Millionen US-Evangelikalen, die aus endzeitlicher Überzeugung Israel unterstützen, habe eine Gruppe das Feld weitgehend dominiert. Kaspi stellt die brisante Frage: "Haben Juden recht, sich mit Evangelikalen zu verbünden, die letztlich an deren Konversion glauben?"
### 5. US-Verhandlungsstrategie: "Israels Anwalt" spielen
Der ehemalige US-Unterhändler Aaron David Miller gesteht im Interview: "Wenn ehrlicher Makler bedeutet, in der Mitte zu stehen – das waren die USA selten." Die US-Strategie sei stets gewesen, mit Israel abzustimmen und das Ergebnis dann den Palästinensern zu verkaufen.
### 6. Zukunft des US-Supports fraglich
Kaspi prognostiziert: Netanyahu-Politik sei "nicht nachhaltig". Die Frage bleibe, was mit den Gaza-Palästinensern geschehe – weder Jordanien noch Ägypten wolle sie aufnehmen. Möglicherweise würden künftige US-Administrationen militäre Hilfe an Bedingungen knüpfen.
## Einordnung
Die Sendung bietet eine seltene Doppelperspektive: Während Historiker Kaspi die historischen Brüche und strategischen Interessen nüchtern analysiert, liefert Ovarlez aktuelle Einblicke in die wachsenden Risse innerhalb der US-Rechten. Besonders bemerkenswert: Die Moderation gelingt es, ohne parteipolitische Wertung die komplexen Machtverhältnisse zwischen evangelikalen Fundamentalisten, jüdischer Diaspora und republikanischer Isolationisten zu entfalten. Die klare Benennung des US-amerikanischen Lobby-Systems als transparente Einflussnahme – im Gegensatz zum europäischen Lobby-Vorurteil – hebt die journalistische Qualität. Kritisch anzumerken: Palästinensische Stimmen fehlen vollständig, was die Analyse zwar nicht entwertet, aber die Perspektivenvielfalt einschränkt. Die Sendung liefert keine verschwörungstheoretischen Inhalte, sondern entlarvt vielmehr die realpolitischen Kalküle hinter moralischen Fassaden.
Hörempfehlung: Wer die geopolitischen Risse hinter Israels US-Allianz verstehen will, erhält hier fundierte historische Einordnung und aktuelle Analysen – trotz fehlender palästinensischer Stimmen eine lohnenswerte Stunde.