Das Politikteil: 100 Tage Schwarz-Rot: Immerhin, Merz macht's Spaß

Der ZEIT-Podcast zieht nach 100 Tagen eine kritische Bilanz von Merz’ Kanzlerschaft und fragt, ob die schwarz-rote Koalition die großen Reformen stemmen kann.

Das Politikteil
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Der Politikteil-Roundtable der ZEIT reflektiert nach 100 Tagen Merz-Kanzlerschaft. Die Journalist:innen Tina Hildebrandt, Peter Dausend, Heinrich Wefing und Mariam Lau diskutieren, warum Merz außenpolitisch souverän wirke, innenpolitisch aber holpert. Sie werfen ihm vor, Versprechen wie die Stromsteuersenkung gebrochen zu haben, die Schuldenbremse aufgeweicht und die Waffenlieferungen an Israel ausgesetzt zu haben – alles gegen erheblichen Widerstand in der Union. Gleichzeitig loben sie seine „ideologische Geschmeidigkeit“ und die Geschwindigkeit, mit der er sich auf neue geopolitische Lagen einstelle. Als größte Baustelle bleiben die Sozialreformen: Renten, Pflege, Bürgergeld. Die Koalition aus Union und SPD gelte als „angekratzt“, weil beide Parteien ihre Klientele schonen wollen und keine Sparbereitschaft zeigen. Jens Spahn wird als schwacher Fraktionschef kritisiert, der die eigene Mehrheit nicht sicherstellen könne. ### Merz habe sich schnell als Krisenkanzler profiliert „Er ist jemand, der was will … er ist gut in kleinen Runden, da hat er Gespür.“ (Tina Hildebrandt) ### Die Schuldenbremse sei „ideologisches Tafelsilber“ „Die CDU ist zu schwach, um sich gegen Söder durchzusetzen … Merz hat Angst, dass die SPD untergeht.“ (Mariam Lau) ### Die Union streite sich heftig über Israel „Das Israelbild, das in der Partei vorherrscht, geht von einem Land aus, das es vielleicht gar nicht mehr gibt.“ (Mariam Lau) ### Große Sozialreformen stünden bevor, aber ohne Konzept „Die Deutschen sterben aus … niemand will irgendetwas abgeben.“ (Mariam Lau) ### Die Koalition drohe zu scheitern „Wenn diese Koalition scheitert, sieht es sehr düster aus.“ (Heinrich Wefing) ### Jens Spahn sei „Teil des Problems“ „Er hat nicht richtig eingeschätzt, wie die Stimmung in seiner Partei ist.“ (Peter Dausend) ## Einordnung Die ZEIT-Journalist:innen liefern eine scharfe, aber faire Bestandsaufnahme. Sie nutzen keine verschwörerischen Deutungsmuster, sondern analysieren nüchtern, warum Merz’ Regierungsstil zwischen Entschlossenheit und Alleingang schwankt. Besonders bemerkenswert ist, wie offen sie interne Machtkämpfe in Union und SPD benennen – ohne dabei parteipolitische Lager zu bedienen. Die Diskussion bleibt journalistisch: Es geht um Prozesse, Personalfragen und die Frage, ob eine schwarz-rote Koalition unter Zeitdruck überhaupt handlungsfähig ist. Wer eine fundierte Einschätzung der ersten 100 Tage Merz sucht, bekommt hier klare Analysen ohne erhobenen Zeigefinger. Hörempfehlung: Unbedingt anhören, wenn man verstehen will, warum Merz’ Kanzlerschaft bereits jetzt an ihre Grenzen stößt.