The Prof G Pod with Scott Galloway: The Crisis of Men and Boys — with Jonathan Haidt and Richard Reeves

Drei marktliberale Denker diskutieren, wie Smartphones und fehlende Strukturen Jungen orientierungslos machen – mit persönlichen Vater-Sohn-Geschichten und Forderungen nach neuen Männlichkeitsritualen.

The Prof G Pod with Scott Galloway
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Scott Galloway begrüßt Jonathan Haidt, Autor von "The Anxious Generation", und Richard Reeves, Gründer des American Institute for Boys and Men, zu einem Gespräch über die Krise junger Männer. Die drei diskutieren, wie zwischen 2010 und 2015 die Kindheit durch Smartphones und soziale Medien radikal verändert wurde: Freundschaften, Sonnenlicht, Bewegung und Lektüre gingen massiv zurück, während Angst- und Depressionsraten stiegen. Reeves beschreibt, dass junge Männer stärker unter Glücksspiel-Apps leiden, weil sie risikofreudiger, ökonomisch prekärer und institutionell entwurzelt seien. Haidt ergänzt, dass fehlende Initiationsrituale und überzogener Schutz Jungen die Orientierung nehmen; stattdessen würden Influencer eine materialistische Männlichkeit verkaufen. Beide fordern, Jungen wieder Struktur, positive Vorbilder und echte Herausforderungen zu bieten. Sie kritisieren, dass linke wie rechte Pole junge Frauen und Männer gegeneinander ausspielen, statt gemeinsam für bessere Bildung, Wohn- und Arbeitsmarktbedingungen einzutreten. Abschließend tauschen die drei persönliche Vater-Sohn-Erfahrungen aus: Schießtraining, Tennis-Niederlagen und das gemeinsame „Schummeln“ beim Kinobesuch. ### Die Smartphone-Wende habe zwischen 2010 und 2015 eine „Zerstörung der Kindheit“ ausgelöst Jonathan Haidt erklärt, dass die durchschnittliche Zeit mit Freunden in Person um mehr als 50 % gesunken sei. Gleichzeitig seien die mit Bildschirmen verbrachten Stunden auf acht pro Tag gestiegen. Er zitiert Umfragen, wonach der Anteil der Jugendlichen, die „mein Leben fühlt sich sinnlos an“ zustimmen, sich zwischen 2011 und 2018 verdoppelt habe. ### Junge Männer seien besonders anfällig für Online-Glücksspiel Richard Reeves berichtet, dass 98 % der problematischen Glücksspieler in den USA Männer seien. Die Legalisierung von Sportwetten 2018 habe das Risiko „reibungslos“ gemacht. In Staaten mit legalisiertem Online-Glücksspiel stiegen sofort Insolvenzen und Suizide – besonders bei jungen Männern, die bereits wirtschaftlich abgehängt seien. ### Fehlende Initiationsrituale ließen Jungen orientierungslos zurück Haidt beschreibt, dass fast alle Kulturen Rituale hätten, um Jungen zu Männern zu machen. Diese seien traditionell härter als Mädchen-Initiationen, weil der Sprung vom „weiblichen“ Umfeld in die Männerwelt größer sei. Ohne solche Strukturen würden Jungen von Influencern geleitet, die ihnen „passives Einkommen“ und Muskel-Ästhetik versprächen. ### Die Polarisierungspolitik spiele junge Frauen und Männer gegeneinander aus Reeves kritisiert, dass linke wie rechte Stimmen die wirtschaftlichen Probleme der jungen Generation in ein Geschlechter-Konflikt umwandeln würden. Statt gemeinsam für bezahlbares Wohnen, bessere Bildung und faire Löhne zu kämpfen, würden sich junge Frauen und Männer gegenseitig die Schuld geben. ### Die Gesellschaft müsse Jungen wieder positive Männlichkeitsbilder bieten Reeves und Haidt fordern, Institutionen zurückzubringen, die Jungen Herausforderungen, Mentoren und Sinn geben. Obama habe kürzlich selbst eingeräumt, dass die Linke nur sage, „was mit Jungen falsch ist“, nie aber „was mit ihnen richtig ist“. Programme wie Red-Shirting, mehr männliche Lehrkräfte und echte Initiationsrituale könnten helfen. ## Einordnung Das Gespräch ist kein investigativer Journalismus, sondern ein promovierter Meinungsaustausch zwischen drei marktliberalen, aber sozial besorgten Akademikern und Unternehmern. Die Argumentation bleibt weitgehend anekdotisch; Zahlen werden ohne Quellen genannt, und kausale Zusammenhänge (Smartphones → Depression) werden als gesichert dargestellt, obwohl die Forschung kontrovers ist. Bemerkenswert ist, wie geschickt die Sprecher eine wirtschaftspolitische Kritik (fehlende Wohnungen, schlechte Löhne) in eine Kulturkritik (Smartphones, „toxic masculinity“) umwandeln. Dabei bleiben strukturelle Ursachen wie steigende Ungleichheit oder Kürzungen im Sozialbereich unerwähnt. Die Perspektive marginalisierter Gruppen (BIPOC, queere Jugendliche) fehlt völlig. Positiv ist, dass rechte Verschwörungsmythen („Feminismus zerstört Jungs“) nicht bedient, sondern eine differenzierte Männlichkeitsdebatte angestoßen wird – auch wenn sie letztlich auf individuelle Lösungen statt Systemreformen zielt. Hörer:innen bekommen eine emotionale, aber nicht tief analytische Einführung in das Thema junge Männer und Digitalisierung. Hörwarnung: Wer faktenbasierte, vielstimmige Analysen sucht, wird enttäuscht sein – wer eine unterhaltsame, elitär-liberal geprägte Diskussion mit praktischen Eltern-Tipps sucht, kann reinschalten.