Markus Lanz und Richard David Precht diskutieren in der ZDF-Podcast-Folge über Friedrich Merz' angekündigten „Herbst der Reformen“ und bewerten die vorgeschlagenen Maßnahmen als oberflächliche „Reförmchen“. Precht kritisiert, dass anstatt des notwendigen Neuerfindens von Systemen wie Rente, Bürgergeld und Arbeitsmarkt nur „an den Symptomen herumgeflickt“ werde. Beide sind sich einig, dass die Bevölkerung Veränderungen wolle, aber nicht bereit sei, selbst davon betroffen zu sein. Die Debatte bleibt weitgehend auf der Ebene der Metaphern („Titanic“, „Arche Noah“) und Alltagsweisheiten, ohne konkrete Alternativen oder differenzierte Analysen zu bieten. Auch das Thema Jane Goodall wird kurz angerissen, bleibt aber ein bloßes Erinnerungsstück ohne inhaltliche Tiefe. ### 1. Reformen als „Reförmchen“ statt Systemwandel Precht wirft der Politik vor, „die Stühle auf der Titanic zu dekorieren“, statt „eine neue Arche Noah zu bauen“. Die angekündigten Maßnahmen wie Flexibilisierung der Arbeitszeit oder Aktivrente würden nur an Symptomen statt an Strukturen arbeiten. ### 2. Bürgergeld als „Arbeitsverweigerungsanreiz“ Lanz und Precht wiederholen die populistische These, das Bürgergeld entwerte Arbeit, weil es sich für manche Menschen mehr lohne, nicht zu arbeiten. Precht sagt: „Die Differenz zwischen dem Bürgergeld, was ich kriege, und dem Geld, was ich verdiene… ist nicht so groß.“ Studien werden nicht genannt. ### 3. Veränderungswunsch ohne Betroffenheit Ein wiederkehrendes Argument ist, dass „die Menschen Veränderung wollen, aber nur so lange sie nicht selbst davon betroffen sind“. Diese Alltagsweisheit wird nicht empirisch belegt, dient aber als Deutungsrahmen für die Politikverdrossenheit. ### 4. Rente: Altersarmut wird demografisch erklärt Die Probleme des Rentensystems werden auf die Überalterung reduziert. Precht fordert zwar „neue Arbeitsplätze“ und „neue Industrien“, bleibt aber vage. Die Aktivrente wird als „gute Idee“ gewürdigt, aber als unzureichend abgetan. ## Einordnung Die Episode ist ein Beispiel für Talkshow-Rhetorik ohne Tiefgang: Es wird viel metaerzählt („wir müssen neu erfinden“), aber kaum analysiert. Precht liefert schöne Bilder, Lanz moderiert mit rhetorischen Fragen – beide vermeiden es, politische oder ökonomische Machtverhältnisse zu benennen. Die Kritik am Bürgergeld bleibt oberflächlich und bedient sich am Klischee des faulen Sozialhilfeempfängers. Fehlende Perspektiven: Betroffene, Sozialverbände, Arbeitsmarktforscher:innen oder junge Menschen kommen nicht zu Wort. Stattdessen wird eine neoliberale Logik der „Leistung“ und „Eigenverantwortung“ reproduziert, ohne sie zu hinterfragen. Die Gesprächskultur ist höflich, aber selbstreferenziell – ein geschlossenes System, in dem die Sprecher:innen ihre eigene Deutungshoheit zelebrieren.