Das „Studiosofa“-Team spricht auf der SAE Convention 2025 erst mit dem Multimediakünstler Fynn Kliemann über seinen reduzierten Projekt-Hub „Klimasland“, seine Ablehnung von KI als Ideengeber („Regel: willst du eine Idee haben, denk nach“) und seine Entscheidung, künftig selbst zu mixen, weil „der Song genau so klingen soll wie mein erster Entwurf“. Im zweiten Teil erzählt der erfahrene Pop- und Hip-Hop-Produzent Jan van der Toorn (Nana, Backstreet Boys, NSYNC) von ständiger Re-Invention, der Bedeutung von „similar-interest-groups“ und warum Berlin für ihn „Europas Musik-Hauptstadt“ ist. Beide Gespräche kreisen um die Balance zwischen kreativer Authentizität und Marktanforderungen sowie die Frage, wie Künstler:innen in einer sich schnell wandelnden Branche relevant bleiben. ### 1. Kliemann nutzt KI ausschließlich zur Nachbearbeitung, nie zur Ideenfindung Er halte es für „Geisteskrank“, wie präzise Zuno-Scratches im Millisekundenbereich funktionierten, aber seine eigenen Songs entstehen ohne KI-Prompts: „Ich benutze das für Transkription und Zusammenfassung, aber nie für initiale Ideen – das wäre nur Reproduktion.“ ### 2. Statt Perfektion setzt Kliemann auf „Roheit“ als Markenzeichen Sein Mix bleibe absichtlich schlampig, weil „Perfekte Songs eh schon von Zuno gemacht werden“. Der Wert liege in der individuellen Handschrift: „Wenn der Hörer fragt ‚Warum klackt das?‘, ist das genau der Punkt.“ ### 3. Van der Toorn erklärt Umfeldwechsel als Karriere-Hebel Jahrzehntelange Erfolge entstanden, weil er „ständig neue Wege suchte“: von Hannover über Hamburg nach Berlin, jeweils mit neuen Kooperationen (Samy Deluxe, Nena, Prinzen). Die Devise: „Geh dahin, wo die Musik ist – Energie sammelt sich.“ ### 4. Für van der Toorn ist „relevant bleiben“ wichtiger als kurze Hits Zwischen 2005 und 2020 habe er sich jedes Jahr eine Aufgabe gesetzt: mindestens „ein Projekt schaffen, über das Leute reden“. Langfristige Sichtbarkeit sichere mehr Fortbestand als einzelne Charterfolge. ### 5. Beide lehnen „Reine Prompt-Produzenten“ ab Kliemann verschenkt Startup-Ideen per Podcast, damit andere sie umsetzen; van der Toorn warnt, wer nur Beats generiert oder nur Budgets verteilt, sei „kein Produzent, sondern Studiomusiker bzw. Investor“. ## Einordnung Die Doppelfolge wirkt wie ein überdrehtes Motivationsseminar: locker moderiert, viele Anekdoten, kaum kritische Nachfragen. Kliemanns Ausführungen zur bewussten „Anti-Perfektion“ und zur KI-Nut-zung sind unterhaltsam, bleiben aber oberflächlich; wirtschaftliche Realitäten oder Arbeitsbedingungen im DIY-Modell werden nicht hinterfragt. Gleiches gilt für van der Toorns Appell, „einfach nach Berlin zu ziehen“ – der Erfolg wird als Frage von Networking und Durchhaltevermögen naturalisiert, soziale Herkunft oder finanzielle Sicherheiten spielen keine Rolle. Perspektiven von Produzent:innen, die scheitern oder sich aus ökonomischen Gründen zurückziehen müssen, fehlen völlig; Frauen und nicht-weiße Akteure kommen im Gespräch nicht vor. Der Podcast zelebriert unreflektiert das Selbstoptimierungs- und Standort-Paradigma der Kreativindustrie: Wer es nicht schafft, hat angeblich nur die falsche Einstellung oder wohnt am falschen Ort. Die Sendung liefert damit keine journalistische Auseinandersetzung, sondern Best-Practice-Klischees für angehende Produzent:innen.