RONZHEIMER.: Wie die Migrationskrise die Briten ins Chaos stürzt. Mit Filipp Piatov
Journalist Paul Ronzheimer diskutiert mit Kollege Filipp Piatov über die massiven Anti-Migrations-Proteste in Großbritannien und den Einfluss von Tommy Robinson.
RONZHEIMER.
56 min read2649 min audioPaul Ronzheimer und Filipp Piatov diskutieren die massiven Anti-Migrations-Proteste in Großbritannien, angeführt vom umstrittenen Aktivisten Tommy Robinson. Sie analysieren die politischen Fehler der konservativen Regierung, die zu einer historischen Migrationswelle führten, sowie die Rolle von Robinson als radikale Galionsfigur der Straße. Das Gespräch zeigt, wie politisches Versagen und gesellschaftliche Unzufriedenheit extremistische Kräfte stärken können.
### 1. Die "Boris Wave" als politisches Desaster
Die britische Konservative Partei habe mit dem Brexit versprochen, die Migration zu kontrollieren, habe aber stattdessen eine beispiellose Zuwanderungswelle ausgelöst. Statt der erwarteten 6.000 Pflegekräfte pro Jahr seien fast 700.000 Menschen gekommen – ein Versprechensbruch, der die Wähler:innen verärgert habe.
### 2. Tommy Robinson als populistische Galionsfigur
Robinson, ehemaliger Hooligan und Gründer der English Defense League, habe sich als radikaler Anti-Islam-Aktivist positioniert. Er pauschalisiere Muslime als Bedrohung und fordere einen kompletten Stopp der muslimischen Migration, wobei er zwischen extremen Positionen und taktischem Rückzieher wechsle.
### 3. Die Allianz mit Elon Musk und internationalen Rechten
Durch Unterstützung von Elon Musk habe Robinson auf Social Media wieder Reichweite erlangt – seine Dokumentationen würden Millionenfach geklickt. Er strebe eine Internationalisierung seiner Bewegung an und wolle mit europäischen Rechtspopulist:innen wie Alice Weidel von der AfD kooperieren.
### 4. Die Gefahr eines demokratischen Systemwechsels
Robinson werde von vielen Brit:innen nicht mehr als Randfigur wahrgenommen, sondern als Stimme des Volkes. Seine Forderungen nach Massenausweisungen und Abschottung ließen Großbritannien angeblich an Weimarer Verhältnisse erinnern – eine alarmierende Entwicklung für die älteste Demokratie der Welt.
### 5. Das Versagen der politischen Mitte
Die etablierten Parteien hätten jahrelang die Sorgen der Bevölkerung ignoriert und damit dem Populismus Vorschub geleistet. Die Labour-Regierung stehe nun vor der Herausforderung, die Migration zu kontrollieren, ohne dabei rechtspopulistische Kräfte weiter zu stärken.
## Einordnung
Diese Podcastfolge zeigt journalistisch anspruchsvoll, wie aus einem politischen Versagen ein demokratisches Dilemma wird. Ronzheimer und Piatov gelingt es, die komplexen Zusammenhänge zwischen Migrationspolitik, sozialer Unzufriedenheit und dem Aufstieg extremistischer Bewegungen zu entfalten, ohne dabei die Gefahr von Robinsons Positionen zu verharmlosen. Besonders bemerkenswert ist die differenzierte Analyse der rhetorischen Strategien Robinsons, der zwischen offener Islamfeindlichkeit und vorgeblich moderater Positionierung wechselt. Der Podcast macht deutlich, wie wichtig eine aufgeklärte politische Debatte ist, um demokratische Systeme vor dem Angriff von Populist:innen zu schützen. Die journalistische Herangehensweise ist professionell und faktenbasiert – keine Normalisierung extremistischer Inhalte, sondern eine kritische Auseinandersetzung mit deren gesellschaftlichen Folgen.