Paul Ronzheimer, preisgekrönter Kriegsreporter, diskutiert mit dem Militärhistoriker Thorsten Heinrich in der aktuellen Folge seines Podcasts "RONZHEIMER." die militärische Lage im Ukraine-Krieg. Die Episode trägt den Titel "Wie die Schlacht um Kiew den Krieg veränderte, wie Drohnen die Kriegsführung revolutionieren – und weshalb am Ende die Moral entscheidender sein könnte als Panzer". Die beiden analysieren den Kriegsverlauf von 2022 bis heute, wobei Heinrich als Experte für Militärgeschichte und Betreiber des YouTube-Kanals "Militär und Geschichte" auftritt. ### 1. Die Schlacht um Kiew als entscheidender Wendepunkt Heinrich bezeichnet die Schlacht um Kiew als "die wichtigste Schlacht des 21. Jahrhunderts", weil sie demonstriert habe, "dass die Ukrainer tatsächlich gegen die Russen gewinnen" könnten. Dies habe nicht nur die russischen Pläne für einen schnellen Sieg vereitelt, sondern auch der ukrainischen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft gezeigt, dass ein ukrainischer Sieg möglich sei. ### 2. Die gescheiterte ukrainische Gegenoffensive 2023 Die von vielen Analysten überschätzte ukrainische Gegenoffensive 2023 sei "schmerzhaft gescheitert", weil nie genug westliches Material geliefert worden sei. Heinrich habe "die gesamte Zeit" skeptisch gegenüber den euphorischen Prognosen gestanden und betont, dass "Quantität ihre eigene Qualität" habe. ### 3. Drohnen revolutionieren die Kriegsführung, aber mit Limitationen Die Drohnen seien zwar "eine Revolution" für die Aufklärung, da jeder kleine Trupp nun eigene Aufklärungsmöglichkeiten habe. Allerdings seien sie "nach wie vor schön Wetter Geräte" und ihre Produktion ergebe sich eher aus der Notwendigkeit, weil "jede Hinterhofwerkstatt" Drohnen bauen könne, aber keine 155-mm-Granaten. ### 4. Der Donbass-Festungsgürtel als strategischer Anker Die russischen Fortschritte im Donbass seien "unfassbar langsam" und es würden "drei bis vier Jahre" benötigen, um den gesamten Donbass zu erobern. Die ukrainischen Städte bieten dem Verteidiger "enorme Vorteile" durch Schutz vor Drohnen und Artillerie, wodurch die russischen Offensiven erheblich erschwert würden. ### 5. Moral als entscheidender Faktor Heinrich betont, dass der Krieg "nicht am Boden entschieden wird, sondern eher in den Köpfen" und zwar auf beiden Seiten. Die westliche Unterstützung habe nicht nur militärische, sondern auch psychologische Bedeutung, da die Moral der ukrainischen Soldaten direkt von der Qualität der ausgelieferten Ausrüstung abhänge. ### 6. Finnland als historisches Vorbild Als historisches Beispiel führt Heinrich den Winterkrieg zwischen der Sowjetunion und Finnland 1939/40 an. Finnland habe zwar militärisch unterlegen, aber durch hartnäckigen Widerstand erreicht, dass die Sowjetunion "die Lust verloren" habe und einen Friedensschluss akzeptierte, der Finnlands Unabhängigkeit bewahrt habe. ## Einordnung Die Episode zeigt journalistische Professionalität durch klare Struktur und fundierte Expertise. Ronzheimer führt als erfahrener Reporter geschickt durch die komplexe militärische Analyse, wobei Heinrich seine Ausführungen mit historischen Vergleichen und konkreten Fakten untermauert. Besonders bemerkenswert ist die nüchterne Einschätzung, dass militärische Entscheidungen nicht nur durch taktische Überlegenheit, sondern durch psychologische und politische Faktoren bestimmt werden. Die Diskussion bleibt sachlich und vermeidet einseitige Positionierungen, wobei sowohl ukrainische als auch russische Perspektiven berücksichtigt werden. Die Analyse der westlichen Unterstützung als moralischen Faktor ist differenziert und vermeidet einfache Schuldzuweisungen. Die historische Referenz auf Finnland bietet einen interessanten Kontext, ohne aktuelle Entwicklungen zu verharmlosen.