Der langjährige Labour-Mitglied John Ashton erklärt, warum er nach 61 Jahren die Partei verlässt. Als ehemaliger Leiter des Gesundheitswesens in Nordwest-England begründet er seinen Austritt vor allem mit der britischen Unterstützung für Israels Vorgehen in Gaza, das er als Genozid bezeichnet. Er kritisiert zudem die Sozialpolitik der Labour-Regierung, insbesondere Kürzungen bei Sozialleistungen und fehlende Besteuerung von Reichen. Ashton sieht die Partei als ethisch bankrott an und fordert eine progressive Koalition als Alternative. ### Die Gaza-Politik als rote Linie Ashton bezeichnet die britische Gaza-Politik als seinen Hauptgrund für den Austritt: "The absolute bottom line is the genocide in Gaza. And the fact that the British government has been complicit in so many ways with what the extreme right-wing Israel government has been doing to the Palestinians." Er sieht Labour als mittäterschaftlich an "mass murder and destruction that's unthinkable". ### Kritik an Sozialpolitik und Elitenferne Er attackiert die Labour-Regierung für ihre "penalizing the poor"-Politik, insbesondere die Abschaffung der Winterheizungszulage und die Erhöhung von Busfahrpreisen. Dabei kritisiert er die politische Elite als realitätsfern: "They just seem to have no insight into what it's like at the bottom." ### Zerfall des NHS und öffentlicher Gesundheit Ashton beklagt den Zerfall des öffentlichen Gesundheitssystems: "street is saying some of the right things about the need for radical reform of the NHS, but what he doesn't seem to get is the need to invest properly in the public health system." Er berichtet von drastischen Personalengpässen bei Gesundheitsbesucher:innen mit 900 statt früher 100-150 Familien pro Mitarbeiter:in. ### Reue über Corbyn-Kritik und Medieneinfluss Interessanterweise bereut Ashton seine frühere Kritik an Jeremy Corbyn wegen angeblichen Antisemitismus: "I think everybody owes him an apology because he seems to have been right on most things most of the time." Er berichtet, dass konservative Israel-Unterstützer versuchten, ihn wegen früherer Israel-Kritik von BBC-Interviews auszuschließen. ### Vision einer progressiven Koalition Ashton schlägt vor, eine "progressive coalition of the radical center" zu bilden, die Corbyn-Anhänger:innen, Grüne, Liberaldemokraten und Nationalist:innen aus Schottland und Wales umfassen könnte. Er prophezeit, dass Labour und Konservative bei der nächsten Wahl auf unter 100 Sitze zusammenbrechen könnten. ## Einordnung Die Diskussion zeigt einen tiefen Bruch zwischen traditioneller Labour-Basis und der aktuellen Parteiführung. Ashton artikuliert eine moralische Entrüstung, die über rein politische Differenzen hinausgeht - er spricht von einem ethischen Bankrott der Partei. Interessant ist die Selbstreflexion bezüglich Corbyn, die zeigt, wie sehr Mediendiskurse politische Wahrnehmungen formen können. Die Argumentationsstruktur bleibt dabei auf persönliche Erfahrungen und moralische Kategorien fokussiert, ohne systematischere Analysen der geopolitischen Komplexitäten zu liefern. Die Kritik an Starmer als prinzipienloser Machtpolitiker verortet die aktuelle Labour-Führung in einer Tradition des Zentrums-Rechts, die für viele traditionelle Labour-Anhänger:innen unvereinbar mit sozialdemokratischen Werten erscheint. Die Episode bietet einen emotional aufgeladenen Einblick in die Frustration eines langjährigen Parteimitglieds, der sich von seiner politischen Heimat verlassen fühlt.