Wie Rechte reden: Wie die Neue Rechte den 3. Oktober instrumentalisiert
Eine Analyse, wie die extreme Rechte den "Schuldkult"-Mythos nutzt, um die deutsche Erinnerungskultur anzugreifen und ihre rassistische Agenda zu normalisieren.
Wie Rechte reden
19 min readDer Newsletter "Wie Rechte reden" analysiert in dieser Ausgabe, wie die extreme Rechte den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober für ihre Zwecke instrumentalisiert. Im Zentrum steht die Dekonstruktion eines Videos des rechtsextremen Aktivisten Martin Sellner. Dieser nutze den Feiertag nicht, um die Wiedervereinigung zu feiern, sondern um das geschichtsrevisionistische Narrativ vom "Schuldkult" zu verbreiten. Sellner behaupte, die Deutschen litten unter einer "anerzogenen Neurose" und einer "geistigen schwarzen Nacht des Selbsthasses", die ein gesundes Nationalbewusstsein verhindere. Der Newsletter legt dar, dass dieser angebliche "Schuldkult" als zentrales Hindernis für die Agenda der Neuen Rechten dargestellt wird.
Die Autor:innen zeigen auf, wie Sellner diese Erzählung strategisch mit den Verschwörungsmythen vom "Großen Austausch" und der Forderung nach "Remigration" verknüpft. Die implizite Logik sei: Erst wenn die Deutschen ihre Erinnerungskultur an die NS-Verbrechen überwinden, seien sie bereit, ihre "ethnokulturelle Identität" zu verteidigen und Massenvertreibungen von Menschen mit Migrationsgeschichte zuzustimmen. Besonders hervorgehoben wird Sellners metapolitische Strategie: Er vermeide bewusst Kampfbegriffe wie "Schuldkult" oder "Remigration", um seine radikalen Ideen durch Umschreibungen anschlussfähiger zu machen. Als Beleg für die Falschheit der Behauptung eines "Schuldkults" zitiert der Newsletter Studien der Universität Bielefeld, die zeigen, dass nur eine kleine Minderheit der Deutschen persönliche Schuld für den Holocaust empfindet.
## Einordnung
Der Newsletter vertritt eine klar antifaschistische und pro-demokratische Perspektive, die er transparent macht. Die Argumentation stützt sich auf glaubwürdige Quellen wie den Verfassungsschutzbericht und wissenschaftliche Projekte, um Sellners Rhetorik zu entlarven. Dabei werden die ideologischen Verknüpfungen zwischen Geschichtsrevisionismus und rassistischer Bevölkerungspolitik präzise herausgearbeitet. Der Text beleuchtet ausschließlich die Perspektive der kritischen Analyse und lässt Stimmen, die für die Narrative der Rechten empfänglich sein könnten, bewusst außer Acht. Die zentrale Annahme ist, dass die Dekonstruktion rechter Sprache ein wirksames Mittel zur Verteidigung der Demokratie ist.
Die Analyse ist besonders stark darin, die strategische Dimension rechter Kommunikation aufzuzeigen, insbesondere das bewusste Nicht-Aussprechen von radikalen Begriffen zur schrittweisen Normalisierung. Der Newsletter ist sehr lesenswert für alle, die die subtilen Mechanismen neurechter Rhetorik verstehen und argumentativ dagegenhalten wollen. Er liefert nicht nur eine Analyse, sondern auch konkrete Gegenargumente für Diskussionen. Länge des Newsletters: 18835