Der brasilianische Nachrichten-Podcast „O Assunto“ beleuchtet in der Episode „Libertação dos reféns e a reconstrução de Gaza – o que está por trás do acordo?“ die Hintergründe des am 13. Oktober 2025 verkündeten Waffenstillstands für die Gazastreifen. Moderatorin Natuza Nery spricht mit Korrespondent Murilo Salviano, live aus Jerusalem, sowie mit dem Politikwissenschaftler Hussein Ali Kalout (Harvard/CEBRI). Zentrale Themen sind die Rückkehr der letzten 20 lebenden israelischen Geiseln aus dem Gazastreifen, die Freilassung von rund 2.000 palästinensischen Gefangenen, Donald Trumps Rede vor der israelischen Knesset und das in Ägypten unterzeichnete Abkommen ohne Beteiligung Israels oder der Hamas. Die drei Phasen des US-Plans (Waffenstillstand, Entwaffnung der Hamas, Übergangsregierung), die Rolle arabischer Staaten bei der Wiederaufbauverwaltung und die Frage, ob ein echter palästinensischer Staat entstehen kann, bestimmen die Diskussion. ### 1. Geiselfreilassung als Stimmungsbild Salviano beschreibt ein „Gefühl der Erleichterung“ auf beiden Seiten: Israelis feierten die Rückkehr der Geiseln, Palästinenser das Ende der Bombardements. Die Stimmung kippte, als die Hamas nur vier von erwartet 28 Leichen aushändigte – ein Zeichen für die Fragilität des Abkommens. ### 2. Trump als „Held“ und Netanjahus Dilemma In Israel werden US-Flaggen geschwenkt, Trump gilt vielen als Retter. Gleichzeitig wurde Netanjahu bei der Gefahren-Familien-Kundgebung ausgebuht. Kalout betont, Netanjahus Koalition lehne einen palästinensischen Staat kategorisch ab und fordere die Annexion der Westbank. ### 3. Drei-Phasen-Plan ohne palästinensische Souveränität Der vorgesehene „apolitische“ Technokraten-Regierung für Gaza würde laut Kalout unter US-Leitung stehen, ohne klaren Pfad zu palästinensischer Selbstbestimmung. Die Oslo-Verträge, die einen Staat auf den Grenzen von 1967 vorsahen, seien nie von Israel umgesetzt worden. ### 4. Rekord-Wiederaufbau zwischen „Special Economic Zones“ und Nahrungsnot Kalout warnt vor „Sonderwirtschaftszonen“, die wirtschaftliche Interessen externer Mächte bedienen, aber nicht die palästinensische Not: 50 Mrd. US-Dollar brauche es laut Weltbank, doch zuerst müssten Hunger, Medikamentenmangel und Wohnungslosigkeit bekämpft werden. ### 5. Gefährliche Hoffnung Trotz des „historischen“ Tages herrsche „enormer Skeptizismus“, da es sich nur um einen „sehr brüchigen Waffenstillstand“ handle. Die Abwesenheit Netanjahus und der Hamas bei der ägyptischen Konferenz unterstreiche, dass die entscheidenden Konfliktparteien keine nachhaltige Lösung mittragen. ## Einordnung Der Podcast arbeitet professionell mit direkten Ortstönen, klaren Experteninterviews und journalistischem Fact-Checking. Die Redaktion gelingt es, verschiedene Perspektiven (israelische Gefahren-Familien, palästinensische Händler, Analysten) einzufangen und die politische Brisanz offenzulegen – etwa wenn Netanjahus rechte Koalition oder die mangelnde Umsetzung der Oslo-Verträge thematisiert werden. Kritisch bleibt, dass die Stimme der Hamas praktisch fehlt; die Bewertung des Konflikts basiert damit fast ausschließlich auf israelischen, amerikanischen und brasilianischen Experten. Die Sendung transportiert zwar vorsichtige Hoffnung, macht aber durchweg deutlich, dass der angekündigte „neue Morgen“ ohne echte palästinensische Souveränität und ohne Beteiligung aller Konfliktparteien kaum Bestand haben dürfte. Die journalistische Leistung besteht darin, die Diskrepanz zwischen Trumps Rhetorik („Ende der Terror-Ära“) und der realpolitischen Machtkonstellation offenzulegen, ohne dabei die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen zu beschönigen.