The Lawfare Podcast: Rational Security: The “F*cked by Five” Edition
Die Lawfare-Experten analysieren Trumps Militäreinsätze in US-Städten, den Gaza-Friedensplan und die Venezuela-Krise – mit klarem Blick auf die schwachen rechtlichen Fundamente.
The Lawfare Podcast
5063 min audioDie Lawfare-Podcast-Folge "Rational Security" vom 7. Oktober 2024 diskutiert drei brisante Themen der US-Sicherheitspolitik mit Scott R. Anderson, Tyler McBrien, Dan Byman und Loren Voss. Zunächst analysieren sie die geplante Entsendung von Bundes-Truppen nach Portland und Chicago zur Verstärkung der Einwanderungsbehörde ICE. Die Diskutant:innen betonen, dass die Rechtsgrundlage dafür dünn sei: Es gebe keine nennenswerten Unruhen vor Ort, die einen Einsatz rechtfertigen würden, weshalb die Maßnahme vor allem als politisches Signal gegen demokratisch regierte Städte gewertet wird. Zweitens wird ein 21-Punkte-Plan für eine Waffenruhe im Gazastreifenvorgestellt, der von Ex-Premierminister Tony Blair mitgestaltet wurde und von US-Präsident Trump weitgehend unverändert von Israel und Hamas durchgesetzt werden soll. Die Gesprächspartner:innen halten die Initiative für bemerkenswert, zweifeln aber an deren Durchhaltewillen und an konkreten Umsetzungsdetails. Drittens thematisieren sie die Eskalation gegen Venezuela: Mehrere US-Militärschläge gegen mutmaßliche Drogenboote und Truppenaufmarsch in der Region lassen an eine mögliche Regime-Change-Option denken. Die Expert:innen bewerten dies als riskantes politisches Theater, da eine Invasion humanitäre Folgen und keine nachhaltige Lösung brächte.
### 1. Bundes-Truppen für Städte ohne Unruhen
Laut Loren Voss rechtfertigen die tatsächlichen Gegebenheiten in Portland keinen Militäreinsatz: „The facts on the ground in Portland just don't show that.“ Die Regierung berufe sich auf unklare Behauptungen über Kriminalität und „Antifa-Terrorismus“, ohne belastbare Beweise vorzulegen. Dadurch entstehe Verwirrung über den echten Einsatzzweck.
### 2. Rechtsgrundlage bleibt vage
Die Administration nutzt ein Hintertür-Gesetz (10 U.S.C. 12406), um Nationalgardisten zu mobilisieren, ohne den Insurrection Act anzuwenden. Präsident Trump drohe den Gouverneuren: stimmt ihr nicht zu, übernehme ich eure Truppen direkt. Richter:innen wie die Trump-ernannte Judge Immergut halten die Begründung sogar für unzureichend.
### 3. Disinformation als Stimmungsmacher
Laut Voss kursierten gestern zahlreiche falsche Livestreams, die Unruhen in Portland zeigten – tatsächlich handelte es sich um altes Material aus 2020. Solche Falschberichte könnten absichtlich erzeugt werden, um Proteste anzustacheln und so die Legitimität für härtere Einsätze zu schaffen.
### 4. Gaza-Deal setzt Two-State-Solution wieder auf die Agenda
Der vorgeschlagene Plan sieht die Wiederbelebung der Zweistaatenlösung vor, wobei die palästinensische Autorität künftig den Gazastreifen verwaltet. Scott Anderson nennt das „extraordinary“, da es eine radikale Kehrtwende im US-Republican-Party-Kurs darstellt und selbst von Bidens Beratern so nicht erwartet wurde.
### 5. Venezuela-Sabbeln ohne klares Kriegsziel
Die US-Regierung mobilisiert schwere Streitkräfte in der Karibik und lässt Drogenboote beschießen. Die Analyst:innen halten ein tatsächliches Regime-Change-Unternehmen für unwahrscheinlich; vielmehr nutze Trump die Drohkulisse, um von Maduro Zugeständnisse zu erpressen – ein Muster, das man bereits im Streit mit Kim Jong Un erlebt habe.
## Einordnung
Die Diskussion zeigt ein professionelles, faktenorientiertes Niveau. Die Sprecher:innen differenzieren sorgfältig zwischen juristisch haltbaren und politisch motivierten Argumenten der Administration, prüfen historische Parallelen und benennen Handlungslücken. Besonders hervorzuheben ist, dass sie rechtsextreme Verschwörungserzählungen (etwa über eine monolithische „Antifa-Organisation“) nicht unkritisch übernehmen, sondern diese als ideologisches Label entlarven. Gleichzeitig bleibt die Tonlage sachlich: Sie warnen vor einer Normalisierung von Militäreinsätzen im Inneren und vor außenpolitischen Abenteuern ohne klares Ende, ohne in Alarmismus zu verfallen. Wer über US-Sicherheits- und Außenpolitik informiert bleiben will, erhält hier eine klare, kontextreiche Analyse ohne parteipolitische Schlagseite.